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Papst Benedikt XVI.: Keine Anordnung einer Nachlasspflegschaft mangels Zuständigkeit der deutschen Gerichte?

Oberlandesgericht München, Beschluss v. 12.06.2024 – 33 Wx 270/23 e

Das Oberlandesgericht München hat mit Beschluss vom 12.6.2024 die Beschwerde zur Anordnung einer Nachlasspflegschaft für den Nachlass des 2022 verstorbenen Papst Benedikt XVI. zurückgewiesen (Az. 33 Wx 270/23 e). Der Beschwerdeführer hatte eine Nachlasspflegschaft zur Ermittlung der Erben beantragt, da er ein zivilgerichtliches Verfahren gegen den Erblasser führt; Gegenstand dieses Verfahrens dürfte Medienberichten zufolge die Schadensersatzhaftung des Erblassers wegen sexueller Übergriffe eines Priesters der katholischen Kirche sein.

 

Hintergrund des Verfahrens

Der Erblasser, geboren 1927 in Marktl am Inn, wurde 1977 zum Erzbischof von München und Freising geweiht und 1982 Kardinalpräfekt der Kongregation für die Glaubenslehre im Vatikan. Von 2005 bis zu seinem Amtsverzicht 2013 war er Papst und Staatsoberhaupt des Staates Vatikanstadt. Nach seinem Rücktritt lebte er im Vatikankloster Mater Ecclesiae.

Der Beschwerdeführer hatte am 16.1.2023 beim Nachlassgericht die Anordnung einer Nachlasspflegschaft beantragt. Es sollten die Erben des Erblassers ermittelt werden, da der Beschwerdeführer ein zivilgerichtliches Verfahren gegen den Erblasser vor dem Landgericht führte, das nach dessen Tod gegen die unbekannten Erben weitergeführt werden sollte. Das Nachlassgericht wies den Antrag jedoch als unzulässig zurück, da es sich für international nicht zuständig erklärte.

 

Entscheidung des OLG München

Das OLG München bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Es stellte fest, dass der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Staat Vatikanstadt hatte und somit die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 4 EuErbVO ausgeschlossen sei. Ebenso liege keine Zuständigkeit nach Art. 10 EuErbVO vor, da in Deutschland kein positives Nachlassvermögen des Erblassers vorhanden sei.

Darüber hinaus verneinte das OLG auch die Voraussetzungen einer Notzuständigkeit (forum necessitatis) nach Art. 11 EuErbVO, da weder eine Unzumutbarkeit noch eine Unmöglichkeit der Verfahrenseinleitung im Vatikanstaat vorläge. Der Vatikanstaat verfüge über eine funktionierende Gerichtsbarkeit, und es seien keine Gründe ersichtlich, die eine Verfahrenseinleitung oder -führung dort unmöglich oder unzumutbar machten.

 

Entscheidungsanmerkung von Anatol Dutta in Heft 15

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der internationalen Zuständigkeitsregelungen in Erbschaftsfällen und die strengen Anforderungen, die an die Notzuständigkeit deutscher Gerichte gestellt werden. Voraussichtlich in Heft 15 der FamRZ wird die Entscheidung im Volltext mit einer ausführlichen, kritischen Anmerkung von Anatol Dutta veröffentlicht.

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