Strafmaß bei Kindesmissbrauch, Modernisierung des Familienrechts, Sterbehilfe
Die FamRZ verfolgt für Sie die Berichterstattung in den Medien zu aktuellen familienrechtlichen Themen. Einmal monatlich veröffentlichen wir auf famrz.de einen Überblick über die interessantesten Artikel – zum Weiterlesen, Diskutieren oder Wundern.
Debatte über das Strafmaß bei sexuellem Kindesmissbrauch
Übersicht über Medienberichte
Nach Bekanntwerden des Missbrauchsfalls in Münster fordern Politiker härtere Strafen bei Kindesmissbrauch. Auch Bundesjustizministerin Lambrecht, die Forderungen nach einer Gesetzesänderung bisher noch zurückgewiesen hat, spricht sich nun doch für härtere Strafen bei Kindesmissbrauch und Kinderpornografie aus.
Doch es werden auch andere Stimmen laut, die in der Strafdebatte einen kontraproduktiven Reflex der Politik sehen. So zum Beispiel Edith Kindermann, Präsidentin des Deutschen Anwaltvereins und Fachanwältin für Familienrecht. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung betont sie: „[D]ieser Reflex führt dazu, dass alle Zeit, die man für die öffentliche Diskussion verwendet, wieder nur den Blick auf das Strafrecht lenkt. Strafverschärfung schützt keine Kinder!“ Sie fordert Schulungen und Supervisionseinrichtungen sowie eine stärkere Prävention. Auch Familienrechtler Ludwig Salgo, der sich in der Kinderschutzkommission des Bundestags für Kinderrechte und Kinderschutz einsetzt, fordert im Spiegel-Interview: „Wir brauchen Standards für die Qualifikation sämtlicher Personen, die mit Kinderschutz zu tun haben: Ermittler, Richter, Familienhelfer, Kinderschutzfachkräfte, Verfahrensbeistände, Gutachter.“
Claudia Venohr fordert auf tagessschau.de starke, individuell einklag- und durchsetzbare Kindergrundrechte – In einem höheren Strafmaß sieht sie keine Hilfe für Betroffene. Kinder seien Gewalt hilf- und schutzlos ausgeliefert, so lange die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ein zahnloser Tiger bleibe. Marc Zimmer berichtet für MDR AKTUELL über die laut werdende Kritik an Familiengerichten. Den Richtern fehle aufgrund fehlender Fortbildungen oft die nötige Kompetenz. In dem MDR-Artikel erklärt Eva Becker, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein: „[D]as würden wir uns wünschen, dass alle verpflichtet sind, sich fortzubilden, weil wir uns davon auch eine höhere Qualität versprechen, auch im Interesse der Kinder.“
„Das Sorgerecht muss dringend reformiert werden“
Rbb24 | Ansgar Hocke im Gespräch mit Rüdiger Ernst
Familienrichter Rüdiger Ernst fordert im Interview zum Weltkindertag am 1.6. eine Modernisierung des Familienrechts, da sich Beziehungsmodelle verändert hätten. Er kritisiert, dass Familienrichter nicht genügend vorbereitet seien, weil sie das Familienrecht in der Regel nie systematisch gelernt hätten, weder an der Universität noch in der Referendarzeit. Außerdem fordert er eine Reformation des Sorge-, Umgangs- und Unterhaltsrechts. Ernst erklärt dazu: „Väter wollen heute auch mehr Verantwortung für Kinder übernehmen und mehr Zeit mit den Kindern verbringen. Deshalb muss über das Wechselmodell diskutiert werden. […] Das bedeutet aber dann einen weiteren Schritt für das Unterhaltsrecht.“
Corona-Maßnahmen verstärken Kinderarmut
Die Welt | Sabine Menkens
Eine Studie des Magdeburger Professors für Kinderpolitik Michael Klundt zeigt, dass in Deutschland während der Corona-Krise elementare Schutz-, Fürsorge- und Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen verletzt worden sind. Besonders betroffen sind dabei Kinder in prekären Lebensbedingungen. Klundt kritisiert im Welt-Beitrag, dass sich während der Corona-Pandemie „diese soziale Polarisierung nicht etwa reduziert hat, sondern vielmehr noch deutlicher als vorher hervorscheint.“ Die Corona-Maßnahmen bezeichnet er deshalb sogar als „Kinderarmuts-Katalysator“.
Kinderschutz in der Corona-Krise: Gewalt bleibt zu oft unerkannt
BR24 | Christiane Hawranek
Da Hilfsangebote durch die Corona-Krise lange eingeschränkt waren, befürchten Experten, dass Gewalt gegen Kinder häufig unerkannt geblieben ist. So haben 25 Prozent der Jugendämter im April und Mai weniger Kindeswohl-Gefährdungsmeldungen bekommen als sonst. Diese steigen allerdings an, seitdem Schulen und Kindergärten wieder öffnen. Damit kommt in der nächsten Zeit mehr Arbeit auf die Jugendhilfe zu, doch das System ist durch die Corona-Krise angeschlagen. Kinderschutz-Expertin Professorin Kathinka Beckmann kritisiert zudem, dass die Jugendhilfe in Deutschland schon vor Corona „kaputt gespart“ worden sei.
Drei Monate nach Sterbehilfe-Urteil: Was ist bisher passiert?
BR24 | Julia Mumelter
Nach dem Urteil des BVerfG Ende Februar hat nun der „Verein Sterbehilfe“ zum ersten Mal bei einem Bewohner eines deutschen Altenheims Suizidhilfe geleistet hat. Hausarzt Anton Wohlfart kritisiert im Artikel, dass Beihilfe zum Suizid durch das Urteil nur in der Theorie leichter geworden sei. Das geeignetste Präparat wird in Deutschland nicht freigegeben, womit er die Umsetzung des Urteils blockiert sieht. Eckhard Eichner, leitender Arzt der Augsburger Palliativversorgung, ist dagegen der Meinung, dass die Umsetzung des Urteils Zeit braucht. Er warnt davor, zu schnell vorzugehen und fordert mehr Beratung für die Patienten.