Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Familienrechtliche Beiträge in der IPRax 6/2021

- Redaktionsmeldungen

Neues Heft vom 1.11.2021

Am 1.11.2021 erschien die neue IPRax – Zeitschrift für die Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts. Ausgabe 6/2021 enthält auch interessante Artikel zum internationalen Familienrecht:

 

Zur Anwendung von Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB unter Beachtung von Sinn und Zweck des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen

Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB bestimmt, dass eine Ehe nach deutschem Recht aufhebbar ist, wenn der Verlobte im Zeitpunkt der Eheschließung das 16., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat. Die Bestimmung bezieht sich auf eine Ehe, bei der die Ehefähigkeit ausländischem Recht unterliegt und die Ehe nach diesem Recht nicht unwirksam ist. Der Beitrag von Prof. Dr. Marianne Andrae befasst sich schwerpunktmäßig mit der intertemporalen Problematik. Die Verfasserin kommt zu dem Schluss, dass Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB – entgegen der Ansicht des BGH – jedenfalls nicht auf eine im Ausland geschlossene Ehen anwendbar ist, wenn der betreffende Ehegatte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes das 18. Lebensjahrs vollendet hat.

Außerdem vertritt die Autorin die Ansicht, dass Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB auf eine im Ausland geschlossene Ehe nur anwendbar ist, wenn eine sachverhaltsbezogene Beziehung zur deutschen Rechtsordnung besteht. Der eingrenzenden Auslegung des BGH von § 1314 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird gefolgt, soweit es Ehen betrifft, die vom Art. 13 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB erfasst werden. Danach kann das Gericht im Einzelfall die Aufhebung der Ehe ablehnen, wenn alle Aspekte des Minderjährigenschutzes dagegen sprechen.

 

Grenzüberschreitende Durchsetzung von Vereinbarungen über eine Morgengabe und Anerkennung familiengerichtlicher Entscheidungen im deutsch-iranischen Rechtsverkehr

Der Artikel von Prof. Dr. Dirk Looschelders beschäftigt sich mit zwei Entscheidungen zum iranischen Recht. Die grenzüberschreitende Durchsetzung von Vereinbarungen über die islamische Morgengabe (mahr) kann im deutsch-iranischen Rechtsverkehr erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Dies beruht nicht zuletzt darauf, dass die gegenseitige Anerkennung familiengerichtlicher Entscheidungen nicht ohne Weiteres gewährleistet ist. Vor diesem Hintergrund behandelt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (Az.: 10 WF 107/20) die Frage, ob das Urteil eines iranischen Familiengerichts über den Anspruch der Ehefrau auf Herausgabe der Morgengabe in Deutschland anzuerkennen ist. nbsp]

Das OLG Hamburg hatte dagegen zu klären (Az.: 12 UF 2020/17), ob ein Ehemann die durch seine Ehefrau vertraglich übernommene Verpflichtung zur Mitwirkung an einer Scheidung nach iranischem religiösem Recht einklagen kann, nachdem die Ehe durch ein deutsches Gericht bereits rechtskräftig geschieden worden ist. Die Anerkennung der inländischen Ehescheidung im Iran war zwar nicht ausgeschlossen; aus Sicht des Ehemanns war die Mitwirkung der Ehefrau an einer Privatscheidung nach iranischem religiösen Recht aber erforderlich, damit der von ihr in der Scheidungsfolgenvereinbarung erklärte Verzicht auf die Morgengabe nach iranischem Recht wirksam ist. Das OLG Hamburg hat den Antrag zurückgewiesen. Dabei hat es sich insbesondere auf das in Art. 17 Abs. 3 EGBGB und § 1564 BGB statuierte staatliche Scheidungsmonopol gestützt. Die Antragsgegnerin behält damit freilich die Möglichkeit, den Anspruch auf Herausgabe der Morgengabe trotz ihres Verzichts im Iran geltend zu machen.

 

Nachehelicher Unterhalt bei langem nichtehelichen Zusammenleben vor Eheschließung

Der Schwerpunkt des weiteren Artikels von Prof. Dr. Marianne Andrae liegt auf dem Verhältnis zwischen den Art. 3 HUP (allgemeine IPR-Regel) und 5 HUP (spezielle IPR-Regel in Bezug auf Ehegatten und frühere Ehegatten). Folgende Rechtsfragen werden darin erörtert:

  • Werden Unterhaltsansprüche zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft vom HUP erfasst?
  • Ist Art. 5 HUP im Verhältnis zu Art. 3 HUP Ausnahmeregelung?
  • Wie ist die Phrase „engere Verbindung mit der betreffenden Ehe“ auszulegen?
  • Ist eine vor Eheschließung gelebte Zeit in nichtehelicher Gemeinschaft bezogen auf Art. 5 HUP zu berücksichtigen?
  • Welche Bedeutung kommt bezogen auf die Ausweichklausel dem letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zu, wenn die Parteien zuvor beruflich bedingt in verschiedenen Staaten lebten?
 

Anerkennung einer ausländischen Volljährigenadoption

In seiner Entscheidung zur Anerkennung einer ausländischen Volljährigenadoption, die Christiane von Bary in der IPRax bespricht, beschäftigt sich der BGH ausführlich mit Fragen des Anerkennungs- und des Adoptionsverfahrens nach dem FamFG. Die besonderen Vorschriften für Adoptionsverfahren finden dabei in Anerkennungsverfahren keine Anwendung, was als genereller Grundsatz verallgemeinerbar ist. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Anerkennungshindernisses der fehlenden Verfahrensbeteiligung (§ 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) müssen die Kinder des Annehmenden in einem Adoptionsverfahren nur angehört werden. Zudem legt der Senat strenge Maßstäbe für einen ordre public-Verstoß an. Das Gericht scheint davon auszugehen, dass es spezifische wesentliche Grundsätze des deutschen Volljährigenadoptionsrechts nicht gibt, weil ein ordre public-Verstoß erst dann anzunehmen sein soll, wenn eine bewusste Gesetzesumgehung nachweisbar ist.

 

Vollstreckungsrechtliche Probleme wegen einer im Ursprungsstaat aufgehobenen Entscheidung

Die Entscheidung des BGH, zu der der Artikel von Prof. em. Dr. Dr. h.c. Herbert Roth eine Anmerkung darstellt, ist nach intertemporalem Verfahrensrecht noch zur Brüssel I-Verordnung ergangen, die für die Zwangsvollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat eine Vollstreckbarerklärung voraussetzt. Das Gericht habe mit Recht an seiner gefestigten Rechtsprechung festgehalten, wonach eine im Ursprungsstaat nachträglich aufgehobene Entscheidung nicht zur Vollstreckung zugelassen werden kann.

Der Beschluss des BGH habe aber auch Bedeutung für künftige Fälle, die nach der neuen Brüssel Ia-Verordnung zu entscheiden sind, so Roth. Nach ihr kann in einem anderen Mitgliedstaat auch ohne Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden. Wird die Entscheidung im Ursprungsstaat nachträglich aufgehoben, so kann diese Tatsache im Vollstreckungsstaat nach Wahl des Schuldners im gerichtlichen Verfahren der Versagung der Vollstreckung nach den Art. 46 ff. Brüssel Ia-Verordnung oder in der Zwangsvollstreckung selbst nach § 1116 ZPO durch das zuständige Vollstreckungsorgan berücksichtigt werden.

 

IPRax erfasst das gesamte Privat- und Verfahrensrecht

IPRax erscheint wie die FamRZ zweimonatlich im Verlag Ernst und Werner Gieseking. Sie informiert über alle wesentlichen Entwicklungen im Bereich des grenzüberschreitenden Rechtsverkehrs. Die Zeitschrift erfasst das gesamte Privat- und Verfahrensrecht. In den letzten Jahren hat sie einen Schwerpunkt im Bereich des Vertrags-, Vermögens-, Wirtschafts- und Verfahrensrechts einschließlich des internationalen Schiedsrechts herausgebildet. Sie ist aber zugleich auch weiterhin dem internationalen Familien- und Erbrecht verpflichtet.

Abhandlungen geben einen systematischen Überblick über

  • Rechtsgebiete,
  • Rechtsprechungsrichtlinien,
  • neue Staatsverträge,
  • europäische Verordnungen,
  • nationale Gesetze

oder sie widmen sich einzelnen Rechtsfragen vertieft. Im Rechtsprechungsteil werden alle einschlägigen Entscheidungen des EuGH und des BGH sowie wichtige der unterinstanzlichen Gerichte abgedruckt. Die dazugehörigen Entscheidungsrezensionen verhelfen zu einem besseren Verständnis. Wichtige und schwer zugängliche Normtexte wie etwa ausländische IPR-Gesetze werden als Materialien, regelmäßig in deutscher Übersetzung, veröffentlicht.

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