Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Familienrechtliche Beiträge in der IPRax 4/2022

- Redaktionsmeldungen

Neues Heft vom 1.7.2022

Am 1.7.2022 erscheint die neue IPRax – Zeitschrift für die Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts. Ausgabe 4/2022 enthält auch interessante Artikel zum internationalen Familienrecht:

 

Internationale Zuständigkeit kraft Staatsangehörigkeit im Europäischen Familienverfahrensrecht

Seit fast einem Vierteljahrhundert wird darüber diskutiert, ob der europäische Gesetzgeber die internationale Zuständigkeit in Ehesachen für Staatsangehörige des Gerichtsstaats früher eröffnen darf als für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten. Nunmehr hat der EuGH entschieden, dass eine solche Regelung in Einklang mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV stehe. Die Begründung hierfür lasse aber einige Fragen offen, so Wolfgang Hau in seiner Entscheidungsanmerkung.

 

Forum non conveniens auf europäische Art: ein misslungener Dialog

Der EUGH hat in einer Entscheidung (EuGH, Urteil v. 9.9. 2021 – Rs. C-422/20, FamRZ 2021, 1828, m. Anm. Makowsky {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}) erstmals über das Zusammenspiel von Art. 6 lit. a und Art. 7 lit a EuErbVO entschieden und die Bindungswirkung der Unzuständigkeitserklärung für das später angerufene Gericht hervorgehoben. Dem Zweitgericht ist eine Überprüfung der Unzuständigkeitserklärung durch das Erstgericht nicht gestattet. Der Beitrag von Cristina González Beilfuss analysiert die Entscheidung insbesondere mit Bezug auf die fehlende Kommunikation zwischen den Gerichten, die ein reibungsloses Zusammenspiel beider Zuständigkeitsvorschriften erleichtert hätte.

 

Erbstatut oder Verfahrensrecht des Forums? – zur Qualifikation der Nachlasspflegschaft

Die im Beitrag besprochene Entscheidung (OLG Köln, Beschluss v. 9.12.2020 – 2 Wx 293/20, FamRZ 2021, 551 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}) betrifft eine klassische Qualifikationsfrage: die Abgrenzung von lex successionis und lex fori. Das OLG Köln vertritt die Ansicht, dass die Nachlasspflegschaft von der Verweisung des Art. 21 EuErbVO in das brasilianische Recht nicht erfasst, sondern verfahrensrechtlich zu qualifizieren ist und damit der deutschen lex fori unterliegt. Auch wenn dem Gericht in der verfahrensrechtlichen Qualifikation der Nachlasspflegschaft nicht zuzustimmen sei, überzeuge die Entscheidung im Ergebnis, so Denise Wiedemann in ihrer Anmerkung.

 

Die Qualifikation von Schenkungen auf den Todesfall nach Erlass der EuErbVO

Eine der umstrittensten Fragen seit dem Erlass der EuErbVO ist diejenige nach der Qualifikation von Schenkungen auf den Todesfall. Die in der IPRax besprochene Entscheidung (EuGH, Urteil v. 9.9.2021 – Rs. C-277/20 UM, FamRZ 2021, 1825, m. Anm. Wendland {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}) bot dem EuGH die erste Gelegenheit, sich zu dieser Frage zu äußern. Die Anmerkung von Raphael de Barros Fritz setzt sich mit dieser Entscheidung auseinander und zeigt, dass selbst nach dem Urteil des Gerichtshofs viele Fragen über die Qualifikation von Schenkungen auf den Todesfall weiterhin offenbleiben.

 

Qualifikation des deutschen gemeinschaftlichen Testaments nach der EuErbVO – die österreichische Perspektive

Ob die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments nach deutschem oder österreichischem Recht zu beurteilen ist, hat bei Erbfällen mit Verbindung zum deutschen und österreichischen Recht große praktische Bedeutung. Der von Dirk Looschelders besprochene Beschluss des österreichischen OGH (2 Ob 123/19f, FamRZ 2021, 1322 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}) behandelt die für die Anknüpfung der Bindungswirkung entscheidende Frage, ob das gemeinschaftliche Testament des deutschen Rechts den „Verfügungen von Todes wegen außer Erbverträgen“ i. S. des Art. 24 EuErbVO zuzuordnen oder als Erbvertrag i. S. des Art. 25 EuErbVO zu qualifizieren ist.

 

Zur interreligiösen Rechtsspaltung und der Bedeutung der Kulturgebundenheit des Rechts am Beispiel des Libanons – Abgrenzung konstitutiver religiöser Eheschließung von staatlichen Registrierungsaktentive

Privatrechtsordnungen mit interpersonaler Rechtsspaltung stellen das Kollisionsrecht immer wieder vor besondere Herausforderungen. Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von autonomem deutschen IPR und dem internen Kollisionsrecht eines Mehrrechtsstaates am Beispiel des Libanon, der neben einer „zivilen Rechtsordnung“ insgesamt 18 religiöse Teilrechtsordnungen beheimatet. Anna Kirchhefer-Lauber analysiert unter anderem Gerichtsentscheidungen, bei denen das Auseinanderfallen von konstitutiver religiöser Eheschließung und ziviler Dokumentation der Ehe im Libanon eine zentrale Rolle spielt.

 

IPRax erfasst das gesamte Privat- und Verfahrensrecht

IPRax erscheint wie die FamRZ zweimonatlich im Verlag Ernst und Werner Gieseking. Sie informiert über alle wesentlichen Entwicklungen im Bereich des grenzüberschreitenden Rechtsverkehrs. Die Zeitschrift erfasst das gesamte Privat- und Verfahrensrecht. In den letzten Jahren hat sie einen Schwerpunkt im Bereich des Vertrags-, Vermögens-, Wirtschafts- und Verfahrensrechts einschließlich des internationalen Schiedsrechts herausgebildet. Sie ist aber zugleich auch weiterhin dem internationalen Familien- und Erbrecht verpflichtet.

Abhandlungen geben einen systematischen Überblick über

  • Rechtsgebiete,
  • Rechtsprechungsrichtlinien,
  • neue Staatsverträge,
  • europäische Verordnungen,
  • nationale Gesetze

oder sie widmen sich einzelnen Rechtsfragen vertieft. Im Rechtsprechungsteil werden alle einschlägigen Entscheidungen des EuGH und des BGH sowie wichtige der unterinstanzlichen Gerichte abgedruckt. Die dazugehörigen Entscheidungsrezensionen verhelfen zu einem besseren Verständnis. Wichtige und schwer zugängliche Normtexte wie etwa ausländische IPR-Gesetze werden als Materialien, regelmäßig in deutscher Übersetzung, veröffentlicht.

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