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Die Situation unbegleiteter minderjähriger Ausländer in Deutschland

- Redaktionsmeldungen

Fehlende Duldungsbescheinigung aufgrund der Corona-Pandemie

Da Ausländerbehörden aufgrund der Corona-Pandemie aktuell geschlossen haben, sind viele vollziehbar ausreisepflichtige unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) aktuell nicht im Besitz einer Duldungsbescheinigung. Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) hat nun ein Gutachten zur Leistungsgewährung an UMA mit fehlender Duldungsbescheinigung veröffentlicht.

 

Aufenthaltsrechtlicher Status

In dem Gutachten wird zum einen dargelegt, dass das Fehlen einer Duldungsbescheinigung keinerlei Aussagekraft im Hinblick auf den aufenthaltsrechtlichen Status habe. Vielmehr sei das Fehlen einer gültigen Duldungsbescheinigung der aktuellen Corona-Situation geschuldet. Da derzeit in den zuständigen Behörden keine zeitnahen Termine für Vorsprachen vergeben werden, müssen sich Betroffene online für die Terminvergabe registrieren lassen. Die Bescheinigung über die Registrierung dient laut DIJuF als Nachweis über den weiterhin bestehenden geduldeten Aufenthalt.

 

Leistungsgewährung bei fehlender Duldungsbescheinigung

Darüber hinaus wird im Gutachten der Frage nachgegangen, inwiefern sich die fehlende Duldungsbescheinigung auf die Gewährung von Hilfe zur Erziehung und die Kostenerstattung auswirkt. Das DIJuF kommt dabei zu dem Schluss, dass die Leistungsgewährung an UMA auch ohne Vorlage einer Bescheinigung der Ausländerbehörde den materiell-rechtlichen Vorgaben des SGB VIII entspricht (§ 6 Abs. 4 SGB VIII). Somit seien die Kosten zu erstatten. Ausländische junge Volljährige gelten nach Einschätzung des DIJuF als geduldet, auch wenn sie Corona-bedingt keine aktuelle Duldungsbescheinigung vorlegen können. Dies sei laut Gutachten als ausreichend für eine Leistungsgewährung nach SGB VIII zu erachten, da es im Hinblick auf § 6 Abs. 2 SGB VIII nur auf den aufenthaltsrechtlichen Status ankommt und die Bescheinigung nach § 60a Abs. 4 AufenthG rein deklaratorisch ist.

Das Gutachten ist hier abrufbar.

 

Bericht der Bundesregierung zur Situation unbegleiteter Minderjähriger

Die Bundesregierung hat den diesjährigen Bericht zur Situation unbegleiteter Minderjähriger in Deutschland veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass zum Stichtag des Berichts am 28.2.2019 insgesamt 38.926 unbegleitete Minderjährige und junge Volljährige in Zuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe lebten. Dabei handelte es sich bei 38 % um unbegleitete Minderjährige (14.916) und bei 62 % um junge Volljährige (24.010). Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl damit deutlich gesunken (54.144). Auch die Zahl der (vorläufigen) Inobhutnahmen sinkt stetig. Insgesamt halbierten sich die Inobhutnahmefälle nach § 42 SGB VIII in 2018 fast im Vergleich zum Vorjahr.

Der gesamte Bericht ist hier einsehbar.

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