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Cochlea-Implantation gegen den Willen der Eltern

- Redaktionsmeldungen

Artikel von Drygala und Kenzler in FamRZ 2018, Heft 3

Bei gehörlos geborenen Kindern besteht die Möglichkeit, ihnen durch den chirurgischen Einsatz sogenannter Cochlea-Implantate (CI) zu einem Hörvermögen zu verhelfen. In FamRZ 2018, Heft 3, erscheint der Artikel „Teilentzug des elterlichen Sorgerechts zur Ermöglichung einer Cochlea-Implantation gegen den Willen der Eltern“ von Prof. Dr. Tim Drygala, Professor für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht an der Universität Leipzig, und Mareike Kenzler, Rechtsreferendarin am Landgericht Leipzig und selbst gehörlos. Der Beitrag legt dar, wie die Entscheidung der Eltern für oder gegen die genannte Operation juristisch einzuordnen ist.

 

Aktueller Fall vor dem Familiengericht Goslar

Darf Eltern, die einer Cochlea-Implantation bei ihrem Kind widersprechen, das Sorgerecht durch gerichtliche Entscheidung nach § 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB in Fragen der Gesundheitsfürsorge teilweise entzogen werden, um die Operation durchzusetzen? Diese Frage muss sich derzeit das Familiengericht Goslar stellen. Auf Antrag des Arztes einer HNO-Klinik läuft dort derzeit ein Verfahren, das direkt darauf zielt, durch eine familiengerichtliche Entscheidung die Zustimmung der Eltern zu einer Cochlea-Implantation zu ersetzen.

Der Artikel von Drygala und Kenzler beantwortet die Frage nach der Zulässigkeit eines teilweisen Sorgerechtsentzugs in einem solchen Fall. Die Autoren befassen sich zunächst mit den Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs in das Sorgerecht zwecks medizinischer Behandlung. Im nächsten Schritt gehen Sie darauf ein, auf welche Weise die Auswirkungen einer Gehörlosigkeit das Kindeswohl beeinträchtigen. Abschließend betrachten Drygala und Kenzler den Einfluss der UN-Behindertenrechtskonvention auf die Abwägung der Entscheidung eines Sorgerechtsentzugs.

 

Fazit: Teilweiser Sorgerechtsentzug ist unzulässig

Die Autoren gelangen zu folgendem Ergebnis:

  1. Die teilweise Entziehung der elterlichen Sorge von Eltern gehörloser Kinder mit dem Ziel, eine CI zwangsweise durchzusetzen, ist nach § 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB unzulässig, da sie weder erforderlich noch verhältnismäßig ist.
  2. Die Entscheidung der Eltern gegen diese Operation ist eine vertretbare Entscheidung, die die Lebenschancen des Kindes nicht schwerwiegend beeinträchtigt und daher vom Recht hinzunehmen ist. Ein staatliches „Optimierungsgebot“ in Bezug auf behinderte Kinder besteht nicht.
  3. Art. 23 Abs. 4 S. 2 und Art. 24 Abs. 3b UN-BRK stehen einer Trennung des behinderten Kindes von seinen Eltern zum Zweck einer CI und einem „Zwang zu hören“ entgegen.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in

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