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Alleiniges Sorgerecht für den kindesentführenden Elternteil

Oberlandesgericht Brandenburg, Beschluss v. 15.4.2020 – 13 UF 162/17

Das OLG Brandenburg hat das Sorgerecht für zwei Jungen verhandelt, die im Jahr 2017 von der Mutter, einer japanischen Staatsangehörigen, widerrechtlich nach Japan verbracht wurden. Mit Beschluss v.  15.4.2020 hat das OLG die Alleinsorge für die beiden Söhne auf die Mutter übertragen. Der Sachverhalt sowie der Beschluss des OLG haben in der Tagespresse große Wellen geschlagen. So berichteten beispielsweise die Süddeutsche Zeitung und der Spiegel ausführlich über den Fall und seine Hintergründe.

 

Alleiniges Sorgerecht für die Mutter

Die Eltern der inzwischen fünf- und sechsjährigen Jungen leben in Scheidung und kämpften seither um das Sorgerecht für die beiden Söhne. Zunächst hatte das AmtsG Nauen (Az.: 18 F 93/16) nach Anhörung der Eltern und des Jugendamts sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens dem Vater die Alleinsorge übertragen. Daraufhin hat die Mutter Beschwerde eingelegt und das Verfahren vor dem OLG eingeleitet, um ihrerseits die alleinige Sorge übertragen zu bekommen. Im Mai 2017 hat die Mutter die beiden Söhne schließlich widerrechtlich nach Japan verbracht. Seither hatte der Vater keinerlei Kontakt mehr zu ihnen.

 

Japan als Vertragsstaat des HKiEntÜ

Japan ist seit 2014 Mitgliedsstaat des Haager Kindesentführungsübereinkommen (HKiEntÜ), welches Vertragsstaaten verpflichtet, bei internationalen Kindesentführungen innerhalb von sechs Wochen eine Rückführung anzuordnen. Doch Japan steht in der Kritik, das HKiEntÜ nicht effektiv umzusetzen. Das EU-Parlament forderte das Land erst im Juli per Entschließung auf, seinen Pflichten als Vertragspartner des HKiEntÜ nachzukommen [2020/2621 (RSP)].

Der Vater konnte jedoch erfolgreich ein Rückführungsverfahren nach dem HKiEntÜ durch zwei Instanzen führen. Ein Tokioter Gericht hat im Jahr 2018 die Rückführung der Kinder nach Deutschland angeordnet. Dieser Beschluss soll das erste Urteil in Japan sein, welches das Vorliegen der Ausnahmeregelungen des Art. 13 HKiEntÜ verneint und stattdessen die Rückführung der Kinder anordnete. Zwar hat der Vater seit dem Urteil drei Vollstreckungsversuche unternommen, er blieb dabei jedoch erfolglos. Bis heute hat er keinen Kontakt zu seinen Söhnen. Nun hat das OLG Brandenburg zudem den Beschluss des AmtsG Nauen abgeändert und ohne Anhörung der Kinder der Mutter die alleinige Sorge übertragen. Der Vater hat gegen den Beschluss Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Die Entscheidung des OLG Brandenburg wird veröffentlicht in FamRZ 2020, Heft 21, m. Anm. Hüßtege, FamRZ 2020, Heft 22. Sie ist außerdem hier abrufbar.

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