Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Wohl und Rechte von Kindern bei Trennung und Fremdunterbringung

Europarat verabschiedet zwei neue Empfehlungen

Das Ministerkomitee des Europarates hat bereits im Mai 2025 zwei Empfehlungen verabschiedet, die den Schutz der Rechte und des Wohls von Kindern in Verfahren zur elterlichen Trennung (CM/Rec(2025)4) und Fremdunterbringung (CM/Rec(2025)5) stärken sollen. Ziel ist es, sicherzustellen, dass das Kindeswohl bei allen Entscheidungen stets vorrangig berücksichtigt wird.

Die Empfehlungen geben den innerstaatlichen Behörden detaillierte Orientierungshilfen, welche Umstände bei der Beurteilung des Kindeswohls zu berücksichtigen sind. Die materiellen und Verfahrensrechte der betroffenen Kinder – etwa das Recht auf Information und Anhörung – müssten vollständig umgesetzt werden und dabei die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, der Nichtdiskriminierung und einer zügigen Verfahrensführung gewahrt werden.

 

Beteiligung von Kindern an der Ausarbeitung

Die beiden Empfehlungen wurden gemeinsam vom Lenkungsausschuss für die Rechte des Kindes (CDENF) und dem Europäischen Ausschuss für rechtliche Zusammenarbeit (CDCJ) erarbeitet. Sie stehen im Einklang mit der Kinderrechtsstrategie des Europarates 2022–2027, deren oberste Priorität eine „kindgerechte Justiz für alle Kinder“ ist.

Kinder und Jugendliche waren aktiv in die Erarbeitung der Texte einbezogen. Ihre Erfahrungen und Perspektiven haben den Inhalt der Empfehlungen maßgeblich geprägt. Sie betonten insbesondere, dass Erwachsene Kinder zu Themen, die sie betreffen, anhören und mit Respekt behandeln sollten.

 

EuGHMR bezog sich bereits auf die Empfehlung CM/Rec(2025)4

Es ist davon auszugehen, dass die neuen Empfehlungen des Europarats künftig in allen kindschaftsrechtlichen Verfahren durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHMR) herangezogen werden – insbesondere im Hinblick auf Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Familienlebens). Tatsächlich hat der EuGHMR die Empfehlung CM/Rec(2025)4 bereits in einem Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen berücksichtigt:

Im Urteil M.P. u.a. / Griechenland (9. 9. 2025 – 2068/24 – wird demnächst in der FamRZ veröffentlicht) stellte der Gerichtshof eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest, weil griechische Gerichte bei einer Rückführungsentscheidung nach dem HKÜ nicht geprüft hatten, ob die betroffenen Kinder angehört werden sollten. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Empfehlung CM/Rec(2025)4 formulierte der EuGHMR dabei einen neuen Maßstab:

Nationale Gerichte müssen künftig von Amts wegen prüfen, ob und wie Kinder in sie betreffende Verfahren einzubeziehen sind, und eine begründete Entscheidung treffen, wenn auf eine Anhörung verzichtet wird. (Rz. 101, Übersetzung der Redaktion)

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