Verfassungsbeschwerde erfolglos
Mit Beschluss vom 17.10.2017 (Az. 1 BvR 747/17) hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung der Änderung des Vornamens und des Personenstands nach dem Transsexuellengesetz (TSG) nicht zur Entscheidung angenommen. Die beschwerdeführende Person hatte vorgetragen, es sei verfassungswidrig, dass § 4 Abs. 3 Satz 1 TSG die Einholung von zwei Sachverständigengutachten verlange.
Beschwerdeführende Person rügte Verstoß ihres allgemeinen Presönlichkeitsrechts
Die beschwerdeführende Person stellte auf Grundlage des TSG einen Antrag auf Änderung des Vornamens (§ 1 TSG) und auf Feststellung der weiblichen Geschlechtszugehörigkeit (§ 8 TSG). Dabei trug sie vor, dass ihren Anträgen aufgrund der Verfassungswidrigkeit der zugrundeliegenden Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 TSG auch ohne die Einholung von zwei Sachverständigengutachten stattzugeben sei.
Das Amtsgericht wies diesen Antrag zurück; die hiergegen gerichtete Beschwerde zum Oberlandesgericht blieb erfolglos. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügte die beschwerdeführende Person vornehmlich einen Verstoß ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art 1 Abs. 1 GG). Insbesondere basiere § 4 Abs. 3 Satz 1 TSG auf der obsoleten Annahme, bei Transsexualität handele es sich um eine Krankheit und die Betroffenen sollten durch die Begutachtung zu deren Behandlung „hingeführt“ werden.
Kein Anlass zur erneuten Befassung mit der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Verfassungsbeschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses keine Aussicht auf Erfolg hat. Die wesentlichen Erwägungen des Senats waren:
1. Das Bundesverfassungsgericht hat erst vor wenigen Jahren festgestellt, dass es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn die Voraussetzungen des Namens- und Personenstandswechsels durch zwei Gutachten voneinander unabhängiger Sachverständiger nachgewiesen werden müssen. Diese Entscheidung des Senats besage nicht und beruhe auch nicht auf der Annahme, Transsexualität sei ein krankhafter Zustand oder eine psychische Störung.
2. a) Das Bundesverfassungsgericht hat das Erfordernis zweier Gutachten als prozessrechtliches Mittel des objektiven Nachweises der rechtlichen Voraussetzungen des Geschlechtswechsels angesehen. Die Begutachtung nach § 4 Abs. 3 TSG dürfe sich daher nur auf solche Aspekte beziehen, die für die sachliche Aufklärung der Voraussetzungen des Namens- und Personenstandswechsels relevant sind. Die Gerichte hätten bei der Erteilung des Gutachtenauftrags und bei der Verwertung des Gutachtens darauf zu achten, dass die Betroffenen nicht der Begutachtung hinsichtlich solcher Fragen ausgesetzt sind, die für die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen keine Bedeutung haben. Außerdem dürfe das Gutachtenverfahren nicht dazu genutzt werden, die Betroffenen zu einer therapeutischen Behandlung ihrer (als vermeintliche Krankheit begriffenen) Transsexualität hinzuführen.
b) Dass § 4 Abs. 3 TSG in der Praxis möglicherweise unzulässig angewendet wird, gibt dem Bundesverfassungsgericht hier keinen Anlass, sich erneut mit der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift zu befassen. Wenn die Regelung in konkreten Fällen tatsächlich in grundrechtsverletzender Weise angewendet werden sollte, stelle das nicht ohne Weiteres die Regelung selbst in Frage. Da die beschwerdeführende Person sich selbst der Begutachtung gar nicht erst unterzogen hat, könne sie nicht durch eine unzulässige Ausgestaltung der Begutachtung in ihren Grundrechten verletzt sein.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 103/2017 des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.2017