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Veränderungen der Arbeitswelt lassen Altersarmut steigen

- Pressemitteilungen

Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt Notwendigkeit einer Reform

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat untersucht, wie sich dieser Wandel der Arbeitswelt auf die Altersarmut auswirkt und wer davon am stärksten betroffen ist. Spätestens seit den 1990er Jahren hat das klassische Arbeitsmodell des unbefristeten Jobs und eine langjährige Bindung an den Arbeitsplatz zunehmende Konkurrenz bekommen. Mini-Jobs, lange Phasen der Erwerbslosigkeit und niedrige Löhne gehören für eine steigende Zahl von Arbeitnehmern mittlerweile zum Alltag.

Prognose der Altersarmut bis 2036

Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung haben die Wirtschaftsforschungsinstitute DIW Berlin und ZEW Berechnungen zur Altersarmut durchgeführt. Die Ergebnisse prognostizieren auf Grundlage repräsentativer Haushaltsdaten die Alterseinkommen aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Altersvorsorge von 2015 bis 2036.

So zeigt sich, dass das deutsche Rentensystem nicht ausreichend auf die steigende Zahl von Personen mit flexiblen Arbeitsverhältnissen, unterbrochenen Erwerbsbiographien und geringen Einkommen vorbereitet ist. Die Studie prognostiziert, dass bis 2036 das Risiko für Altersarmut weiter steigen werde. Am stärksten davon betroffen seien

  • alleinstehende Frauen,
  • Menschen ohne Berufsausbildung und
  • Langzeitarbeitslose.

Doch viele der aktuell diskutieren Reformvorschläge können jedoch den Trend steigender Altersarmut nicht umkehren, da sie nicht zielgenau auf die Risikogruppen und die Ausbreitung des Niedriglohnsektors eingehen.

Erstmals liefert diese Analyse auch Erkenntnisse über den Verlauf der Altersarmut der geburtenstarken Jahrgänge, der sogenannten Babyboomer, die ab 2022 in Rente gehen werden.

  • Risikoanstieg der Altersarmut bis 2036 auf 20 % (2015: 16 %).
  • Als armutsgefährdet gelten Rentner mit monatlichem Netto-Einkommen unter 958 Euro.
  • weiterer Anstieg der Grundsicherungsquote auf 7% der Neurentner (2015: 5,4%).

Alleinstehende Frauen, Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte am stärksten betroffen

Als wesentlich für den Trend steigender Altersarmut nennen die Autoren zwei Ursachen:

  1. Die Zunahme von unterbrochenen Erwerbsbiographien und prekären Arbeitsverhältnissen im Niedriglohnsektor.
  2. Das kontinuierlich sinkende Rentenniveau durch die demografische Entwicklung und rentenrechtliche Veränderungen, während die zum Ausgleich geschaffenen Instrumente der privaten Altersvorsorge keine flächendeckende Wirkung entfalten.

Alleinstehende Frauen, Langzeitarbeitslose und Niedrigqualifizierte haben insgesamt das größte Risiko, von Altersarmut betroffen zu sein. Anstieg der Grundsicherungsquote zwischen 2015 und 2036:

  • Für alleinstehende Neurentnerin von 16 auf fast 28 % mit einem Risiko zur Altersarmut von 7 % über dem Durchschnitt.
  • Für Langzeitarbeitslose von rund 19 auf 22 %,
  • Für Menschen ohne Berufsausbildung von 10 auf 14 %.

Auch zwischen Ost und West gibt es starke Unterschiede. Für Rentner aus den neuen Bundesländern verdoppelt sich das Risiko zur Altersarmut von 5 auf 11 %. In den alten Bundesländern wird die Grundsicherungsquote hingegen nur auf 6 % steigen (2015: 5,5 %). Das geringste Risiko zur Altersarmut haben Personen, die mindestens 35 Jahre in Vollzeit erwerbstätig waren (Grundsicherungsquote 2036: 1,8 %).

Rentensystem muss Risikogruppen und Erwerbsbiographien besser berücksichtigen

Die Studie hat auch ergeben, dass für eine grundlegende Trendumkehr der steigenden Altersarmut Reformen stärker die Risikogruppen, die veränderten Erwerbsbiographien und die Situation an den Kapitalmärkten in den Blick nehmen müssten. Es sei zwar zu begrüßen, dass die Reformdebatte zuletzt wieder deutlich an Fahrt aufgenommen hat. Es bleibe aber größtenteils ungeklärt, ob und wie sich die Ziele einer künftigen Sicherung des Lebensstandards und der Armutsvermeidung im Alter miteinander vereinbaren lassen.

Dreh- und Angelpunkt eines niedrigeren Armutsrisikos für Rentner sieht die Studie einerseits die Schaffung flexiblerer und sicherer Übergänge im Erwerbsverlauf sowie eine verbesserte Arbeitsmarktintegration für Risikogruppen. Gleichzeitig müsse das Alterssicherungssystem zukunftsfester und weniger krisenanfällig gestaltet werden - sowohl mit Blick auf den Wandel der Arbeitswelt als auch auf die aktuelle Entwicklung an den Kapitalmärkten.

Zusatzinformationen zur Studie

Die Studie „Entwicklung der Altersarmut bis 2036: Trends, Risikogruppen und Politikszenarien“ basiert auf einer Mikrosimulation der Alterseinkommen 2015 bis 2036, die durch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) durchgeführt wurde. Grundlage für die Simulationsrechnungen sind repräsentative SOEP-Haushaltsdaten. Das SOEP ist eine repräsentative Wiederholungsbefragung, bei der etwa 30.000 Bürgerinnen und Bürger in fast 12.000 Haushalten befragt werden. Die Studie erfasst die Geburtsjahrgänge zwischen 1947 bis 1969. Berechnet wird der gesamte zukünftige Einkommensmix im Alter, bestehend aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge.

Quelle: Pressemitteilung der Bertelsmann Stiftung vom 26.06.2017

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