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Urlaubsanspruch geht im Todesfall auf Erben über

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.1.2019 - 9 AZR 45/16 -

Endet das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers, haben dessen Erben nach § 1922 I BGB i.V. mit § 7 IV Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anspruch auf Abgeltung des vom Erblasser nicht genommenen Urlaubs. Dies hat das Bundesarbeitsgericht am 22.1.2019 entschieden (Az.: 9 AZR 45/16).

Das BAG hatte dem Gerichtshof der Europäischen Union im Oktober 2016 Fragen zur Urlaubsabgeltung bei Tod des Arbeitnehmers vorgelegt. Der EuGH hat im November 2018 entschieden, dass der Anspruch des verstorbenen Arbeitnehmers auf eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub im Wege der Erbfolge auf seine Erben übergehe.

 

Zum Zeitpunkt des Todes noch 25 Tage Resturlaub

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres 2010 verstorbenen Ehemanns, dessen Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch seinen Tod endete. Nach § 26 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) standen dem Erblasser in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage Urlaub zu. Der Erblasser wurde mit Wirkung vom 18.8.2010 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Er hatte danach gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGB IX aF für das Jahr 2010 Anspruch auf anteiligen Zusatzurlaub von zwei Arbeitstagen. Die Klägerin verlangt die Abgeltung des Resturlaubs von insgesamt 25 Arbeitstagen, der ihrem verstorbenen Ehemann zum Zeitpunkt seines Todes für das Jahr 2010 noch zustand.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des BAG keinen Erfolg. Die Beklagte hat den nicht gewährten Urlaub des Erblassers mit einem Betrag i. H. von 5.857,75 Euro brutto abzugelten.

 

Auslegung von §§ 1, 7 IV BurlG nach europäischem Unionsrecht

Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten, so das BAG in der Urteilsbegründung. Die nach dem europäischen Unionsrecht gebotene Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG ergebe, dass der Resturlaub auch dann abzugelten ist, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Daraus folge für die richtlinienkonforme Auslegung von §§ 1, 7 Abs. 4 BUrlG, dass die Vergütungskomponente des Anspruchs auf den vor dem Tod nicht mehr genommenen Jahresurlaub als Bestandteil des Vermögens Teil der Erbmasse wird.

Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasse dabei nicht nur den Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG von 24 Werktagen, sondern auch den Anspruch auf Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF sowie den Anspruch auf Urlaub nach § 26 TVöD, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt. Dem TVöD lässt sich nicht entnehmen, dass dem Erben das Verfallrisiko für den tariflichen Mehrurlaub bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers zugewiesen ist.

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil v. 15.12.2015 - 3 Sa 21/15 –

Quelle: Pressemitteilung Nr. 1/19 des BAG vom 22.1.2019

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