GREVIO-Bericht veröffentlicht
Am 7.10.2022 hat der Europarat den sogenannten GREVIO-Bericht vorgelegt. Dieser evaluiert, inwieweit Deutschland die Vorgaben der Istanbul-Konvention bereits umgesetzt hat und wo noch Handlungsbedarf besteht. Die Expertengruppe begrüßt die strafrechtlichen Maßnahmen, die vor und nach der Ratifizierung der Istanbul-Konvention durch Deutschland im Jahr 2018 ergriffen wurden, weist aber auch auf dringende Schritte hin, die Deutschland unternehmen sollte, um Frauen und Mädchen besser vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen.
Konkrete Maßnahmen empfohlen
Der Expertenrat fordert die zuständigen staatlichen Ebenen in Deutschland u.a. auf, mehr Frauenhausplätze zu schaffen und das Beratungsangebot für von Gewalt betroffene Frauen weiter auszubauen. Dabei soll auf eine ausgeglichene geographische Verteilung geachtet werden. Außerdem sollen die Bedürfnisse besonders verletzlicher Gruppen, wie
- Frauen mit Behinderungen,
- geflüchtete Frauen,
- queere Menschen,
berücksichtigt werden. Jede Frau und ihre Kinder müsse einen gesicherten Zugang zum Hilfesystem haben.
Weiter mahnt der GREVIO-Bericht an, dass Deutschland die Verpflichtung noch nicht ausreichend umsetzt, koordinierte politische Maßnahmen gegen Gewalt zu beschließen. Deutschland brauche daher eine Koordinierungsstelle auf Bundesebene und die Entwicklung einer langfristigen Gesamtstrategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Auch solle es künftig verpflichtende Trainings für alle Berufsgruppen geben, die in Kontakt mit Opfern oder Tätern von Gewalt kommen. Zudem solle das Umgangsrecht mit Rücksicht auf die Interessen von Gewaltopfern reformiert werden.
Auf der Grundlage dieses Berichts wird der Ausschuss der Vertragsparteien, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Vertragsstaaten der Konvention zusammensetzt, im Dezember dieses Jahres seine Empfehlungen an die deutsche Regierung veröffentlichen.
Istanbul-Konvention und GREVIO
Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die Istanbul-Konvention, schützt Frauen und Mädchen vor jeglicher Form von Gewalt. Sie ist als völkerrechtlicher Vertrag rechtlich bindend für diejenigen Staaten, die sie ratifiziert haben. In Deutschland trat die Konvention am 1.2.2018 in Kraft. Die Konvention sieht die Überwachung der staatlichen Umsetzung durch eine unabhängige Expertengruppe „GREVIO“ vor.
GREVIO hat das erste Monitoringverfahren für Deutschland im Februar 2020 eröffnet. Im Rahmen dieses Verfahrens hat die Bundesregierung im September 2020 einen Staatenbericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland beim Europarat eingereicht. Im September 2021 folgte ein Länderbesuch von GREVIO-Expertinnen, und nun hat GREVIO den angehängten Bericht basierend auf den Informationen aus dem Staatenbericht, Berichten aus der Zivilgesellschaft und dem Länderbesuch vorgelegt.
Der Staatenbericht steht zum Download zur Verfügung. Die Zusammenfassung ist auch in deutscher Sprache verfügbar. Mehr zur Istanbul-Konvention und dem Expertengremium GREVIO erfahren Sie außerdem im FamRZ-Podcast:
Gewalt gegen Frauen: Podcast
Folge 3 des FamRZ-Podcasts "familiensachen" zum Thema "Istanbul-Konvention"
Gast ist Oberstaatsanwältin Sabine Kräuter-Stockton. Als Mitglied in der Expertengruppe GREVIO des Europarates überprüft sie die Umsetzung der Istanbul-Konvention durch die Staaten, die diese ratifiziert haben.
Quelle: Pressemitteilung des BMFSFJ vom 7.10.2022