Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. Juli 2016
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden: Nach dem Bundesausbildungsfördergesetz steht ein teilweiser Erlass des darlehensweise gewährten Teils der Ausbildungsförderung Studierenden zu, die bis zum 31. Dezember 2012 ihre Ausbildung in der Mindestausbildungszeit beendet haben – auch wenn diese Mindestausbildungszeit nicht ausdrücklich durch eine Regelung festgelegt ist, sondern sich vielmehr erst durch das Zusammenwirken verschiedener Bestimmungen der jeweiligen Studien- und Prüfungsordnungen ergibt.
§ 18b Abs. 4 BAföG: Teilerlass aufgrund schnellen Studiums
§ 18b Abs. 4 BAföG betrifft Auszubildende, die ihre Ausbildung bis zum 31. September 2012 beendet haben und für deren Ausbildung eine Mindestausbildungszeit festgelegt war. Mindestausbildungszeit ist nach der gesetzlichen Definition die durch Rechtsvorschrift festgelegte Zeit, vor deren Ablauf die Ausbildung nicht durch Abschlussprüfung oder sonst planmäßig beendet werden kann. Haben Auszubildende ihre Ausbildung mit Ablauf der Mindestausbildungszeit abgeschlossen, steht es ihnen zu, einen Antrag auf Gewährung des „großen Teilerlasses“ in Höhe von 2.560 € zu stellen.
Klage der AbsolventInnen in allen Instanzen erfolgreich
Die Klägerinnen und Kläger erhielten für die Dauer ihres Studiums Ausbildungsförderung als Darlehen. Nach erfolgreichem Abschluss beantragten sie die Gewährung eines Teilerlasses der Darlehensschuld. Dies lehnte die Beklagte ab. Die daraufhin erhobenen Klagen sind vor dem Verwaltungsgericht überwiegend erfolgreich gewesen. Auf die Berufungen hat das Oberverwaltungsgericht in allen Verfahren angenommen, dass ein Anspruch auf den Teilerlass besteht. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen der Beklagten zurückgewiesen.
Für die von den Klägerinnen und Klägern absolvierten Ausbildungen waren Mindestausbildungszeiten festgelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat die jeweiligen Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschulen folgendermaßen ausgelegt: Studium und Prüfung seien in der Weise geregelt, dass durch ein Zusammenwirken verschiedener Bestimmungen die Ausbildungen nicht vor Ablauf einer bestimmten Zeit beendet werden konnten. Dies steht der Annahme einer Mindestausbildungszeit aus bundesrechtlicher Sicht nicht entgegen. Es bedarf insoweit keiner Regelung, in der die Mindestausbildungszeit ausdrücklich festgelegt ist.
Mindestausbildungszeit bedarf keiner hochschulübergreifenden Regelung
Des Weiteren liegt eine Mindestausbildungszeit auch dann vor, wenn die abschließende Prüfung nach den Bestimmungen der Hochschule - wie in den vorliegenden Fällen - bereits vor Ende der festgelegten Zeit im letzten Semester abgelegt werden kann. Auch steht der Annahme von Mindestausbildungszeiten hier nicht entgegen, dass Leistungen aus einer früher absolvierten Ausbildung angerechnet werden können. Die Mindestausbildungszeiten waren hier auch durch Rechtsvorschriften festgelegt.
Die Festlegung solcher Zeiten für die Ausbildung an Hochschulen ist nicht dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Es reicht aus, dass diese - wie in einigen der Verfahren - von staatlichen Hochschulen in Satzungen festgelegt worden oder - wie in den übrigen Verfahren - von staatlich anerkannten privaten Hochschulen verbindlich vorgegeben sind. Eine Mindestausbildungszeit muss auch nicht hochschulübergreifend geregelt sein.
Quelle: Pressemitteilung Nr.
63/2016 des Bundesverwaltungsgerichts vom 01. Juli 2016
BVerwG 5 C 24.15 - Urteil vom 30. Juni 2016
Vorinstanzen:
OVG Münster 12 A 2081/13 - Urteil vom 15. Dezember 2014
VG Köln 26 K 5983/12 - Urteil vom 01. August 2013
BVerwG 5 C 25.15 - Urteil vom 30. Juni 2016
Vorinstanzen:
OVG Münster 12 A 1654/13 - Urteil vom 15. Dezember 2014
VG Köln 25 K 6288/12 - Urteil vom 31. Mai 2013
BVerwG 5 C 33.15 - Urteil vom 30. Juni 2016
Vorinstanzen:
OVG Münster 12 A 2702/13 - Beschluss vom 07. Mai 2015
VG Köln 26 K 4621/12 - Urteil vom 14. November 2013
BVerwG 5 C 50.15 - Urteil vom 30. Juni 2016
Vorinstanzen:
OVG Münster 12 A 430/14 - Beschluss vom 23. Juli 2015
VG Köln 26 K 4008/12 - Urteil vom 13. Februar 2014
BVerwG 5 C 52.15 - Urteil vom 30. Juni 2016
Vorinstanzen:
OVG Münster 12 A 660/14 - Beschluss vom 07. August 2015
VG Köln 26 K 6823/12 - Urteil vom 13. März 2014