Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Rückgang der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten

Forschungsbericht an das Bundesjustizministerium übergeben

Ein Forschungskonsortium zur Untersuchung der rückgehenden Eingangszahlen bei den Zivilgerichten hat seinen Abschlussbericht an die Staatssekretärin des Bundesjustizministeriums Dr. Angelika Schlunck übergeben. Der Bericht zeigt u.a., dass der Gang zu Gericht von der Bevölkerung zunehmend als ultima ratio empfunden wird.

 

Ursachen für den starken Rückgang der Neuzugänge von Verfahren

Die Zahlen der neu eingegangenen Verfahren erster Instanz bei Amts- und Landgerichten sind seit Jahren rückläufig. Von 2005 bis 2019 sind die Neuzugänge bei den Amtsgerichten um etwa 36 % und bei den Landgerichten um rund 21 % zurückgegangen. Seitdem setzt sich der Trend weiter fort. Zur Erforschung der Ursachen für diese Entwicklung hatte das BMJ im September 2020 ein umfangreiches Forschungsvorhaben in Auftrag geben. Der Abschlussbericht der Forschungsgruppe benennt als wesentliche Gründe für den zu beobachtenden Rückgang:

  • Geschäftsaktivitäten und private Kontakte sind komplexer und schneller geworden. Damit ist das Interesse an vorbeugenden und konsensualen Konfliktlösungen (z.B. durch AGB-Gestaltung, Vorkasse, unternehmensinternes Beschwerdemanagement) gestiegen.
  • Prozesse werden insbesondere von Privatpersonen häufig als psychisch belastend, zeitaufwendig und unwirtschaftlich wahrgenommen. Deshalb werden zunehmend die Angebote von Dienstleistern (z.B. Legal Tech-Anbieter) genutzt.
  • Der Beratungspraxis kommt eine wichtige Filterfunktion zu. Anwälte raten häufiger als früher von einem gerichtlichen Vorgehen ab. Auch Rechtsschutzversicherungen schränken ihre Deckungszusagen ein. Der Gang zu Gericht wird so zunehmend zur ultima ratio
  • Einzelne justizorganisatorische Faktoren schmälern die Attraktivität des Zivilprozesses; dazu gehören etwa die im Vergleich zur Anwaltschaft oftmals geringere Spezialisierung, die schleppende Digitalisierung und der häufige Richterwechsel.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse formuliert der Abschlussbericht rechtspolitische Empfehlungen.

 

Fachlicher Beirat begleitet Forschung

Um die Ursachen des Rückgangs gründlich zu beleuchten, wurden von dem Forschungskonsortium

  • neben der Bevölkerung und Verbänden betroffener Gruppen auch Unternehmen und Unternehmensverbände sowie Anwaltschaft und Richterschaft befragt,
  • Gerichtsakten ausgewertet,
  • ergänzende Daten bei Rechtsschutzversicherern und Schlichtungsstellen erhoben.

Mit der Durchführung des Forschungsvorhabens ist die InterVal GmbH beauftragt, begleitet wurde es von einem fachlichen Beirat.

Das BMJ wird die Ergebnisse und Empfehlungen des Abschlussberichts nun prüfen und bei künftigen Initiativen berücksichtigen. Den Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben finden Sie auf der Website des BMJ.

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