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Mutterschutz bei Selbständigen: Regierung sucht Lösungen

Öffentliche Anhörung des Petitionsausschusses am 26.9.2022

Die Bundesregierung arbeitet intensiv an einer Lösung für das Problem des fehlenden Mutterschutzes bei Selbstständigen. Das machten die Parlamentarischen Staatssekretärinnen Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen; Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) am 26.9.2022 während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses deutlich. Grundlage der Sitzung war die Petition der selbstständigen Tischlermeisterin Johanna Röh, die 111.794 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden hatte.

 

Derzeit keine Chancengleichheit für selbständige Schwangere

Selbstständige Schwangere müssten den gleichen gesetzlichen Mutterschutz genießen wie Angestellte, heißt es in der Eingabe. Eine Schwangerschaft dürfe keine Existenzbedrohung darstellen oder zu einer Chancenungleichheit auf dem Arbeitsmarkt führen.

Vor allem für Gründerinnen, Chefinnen in investitionsintensiven Branchen und Selbstständige in körperlich arbeitenden Berufszweigen müssen Instrumente geschaffen werden, die schwangerschaftsbedingte Betriebsschließungen verhindern,

schreibt die Petentin. Während eine angestellte Tischlerin mit Bekanntwerden der Schwangerschaft sofort ein betriebliches Beschäftigungsverbot bei voller Lohnfortzahlung bekommen hätte, sei sie weiter auf der Baustelle aktiv gewesen, um den Fortbestand ihres Betriebes zu sichern, sagte Röh vor den Abgeordneten. Wäre sie insolvent gegangen, hätte sie das in den letzten Jahren in den Betrieb geflossene Kapital verloren, ihre Auszubildende hätte sich einen neuen Ausbildungsplatz suchen müssen und sie den Betrieb später wieder neu aufbauen oder sich eine Anstellung suchen müssen. „Womöglich noch bei einem Tischlermeister, der Familie und Betrieb problemlos vereinbaren kann, weil er nicht derjenige ist, der selbst das Kind bekommt.“ Das sei keine Chancengleichheit, sagte sie.

In der Coronapandemie, so Röh, sei es auch gelungen, Unternehmen aufzufangen. „Das erwarten wir bei uns auch“, machte sie deutlich. Aktuell sei es aber so, dass sie zwar Haushaltshilfe hätte beantragen können, aber keine Betriebshilfe.

 

Thema ist im Ministerium angekommen

Wirtschafts-Staatssekretärin Brantner machte deutlich, dass das Thema in ihrem Ministerium angekommen sei. Es sei eine Arbeitsgruppe gegründet worden, die mit Verbänden und Betroffenen nach Lösungen suche. Brantner lud die Petentin ein, sich daran zu beteiligen. „Wir müssen Lösungen finden, auch wenn diese nicht trivial sind“, sagte die Staatssekretärin.

Das Mutterschutzgesetz erfasse die Selbstständigen nicht, da es von Arbeitgebern fordere, Schutzzonen für Arbeitnehmerinnen zu schaffen, erläuterte Familien-Staatssekretärin Deligöz. Schutzmöglichkeiten könnte es über die privaten und gesetzlichen Krankenkassen geben, die aber auch begrenzt wären, sagte sie. Interessant sei das Vorbild aus der Landwirtschaft, so Deligöz. Hier gebe es schon die Möglichkeit, landwirtschaftliche Betriebshilfe zu beantragen. Um auf dieser Basis eine Betriebshilfe auch für Handwerksbetriebe zu schaffen, sei sie in Gesprächen mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Es könne über den berufsständischen Weg laufen, sagte sie. Österreich, so die Staatssekretärin, mache das beispielsweise über Beiträge der Selbstständigen.

Die die Petentin begleitende Anwältin Angela Heinssen warb vor dem Ausschuss für eine schnelle Lösung. Das koste vielleicht etwas, sagte sie. Die Rendite, die es auch kurzfristig gebe, indem Firmen gegründet, Handwerksbetriebe übernommen und Arztpraxen im ländlichen Raum gesichert würden, sei aber unschätzbar.

 

Quelle: Heute im Bundestag (hib) Nr. 483/2022 vom 26.9.2022

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