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Morgengabe nach deutschem Recht nicht einklagbar

Oberlandesgericht Frankfurt/M., Beschluss v. 26.4.2019 – 8 UF 192/17

Das Versprechen einer Pilgerreise nach Mekka im Rahmen einer islamischen Hochzeitszeremonie stellt ein Braut- bzw. Morgengabeversprechen dar. Es ist gerichtlich nicht einklagbar, wenn deutsches Sachrecht anzuwenden ist und die Vereinbarung nicht von einem ausländischen Hintergrund geprägt wird. Jedenfalls bedarf ein solches Versprechen bei Anwendung deutschen Rechts der notariellen Form. Dies hat das OLG Frankfurt/M. mit am 24.6.2019 veröffentlichtem Beschluss (Az. 8 UF 192/17) entschieden.

 

Wer bezahlt die Pilgerreise nach Mekka?

Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner Bezahlung einer Pilgerreise nach Mekka. Die Beteiligten waren verheiratet, sind beide islamischen Glaubens und wohnen in Deutschland. Die Antragstellerin ist Deutsche, der Antragsgegner libyscher Staatsangehöriger.

Anlässlich ihrer Hochzeitszeremonie nach islamischem Ritus vor einem Iman unterzeichneten die Beteiligten 2006 ein Schriftstück, überschrieben mit “Akt der Eheschließung“. Der dort vorgedruckte Passus „Mitgift Deckung“ weist die handschriftliche Eintragung „Pilgerfahrt“ aus. Zu dieser Eintragung kam es nach Angaben der Antragstellerin, da der Iman sie darauf hingewiesen hatte, dass eine Eheschließung ohne Morgengabe nach islamischem Ritus unwirksam sei. Nach der islamischen Hochzeitszeremonie heirateten die Beteiligten auch standesamtlich. Die Ehe ist seit 2017 rechtskräftig geschieden. Das Amtsgericht hatte den Antrag der Antragstellerin auf Zahlung der Kosten einer Pilgerfahrt nach Mekka zurückgewiesen.

 

Morgengabeversprechen nicht gerichtlich einklagbar

Die hiergegen eingelegte Beschwerde hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Nach den Vorschriften des internationalen Privatrechts sei hier deutsches Sachrecht anzuwenden, stellte das OLG klar. Die Beteiligten hätten zwar keine gemeinsame Staatsangehörigkeit. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt liege aber in Deutschland – auch während der Ehezeit. Der Wortlaut der Vereinbarung spreche dafür, dass sich die Beteiligten auf eine sogenannte Hadsch als Morgengabe geeinigt hätten. Zuwendungsempfängerin sei insoweit die Antragstellerin als Braut gewesen, „da eine Morgengabe stets der Absicherung der Braut dienen soll“.

Dieses Braut- bzw. Morgengabeversprechen sei bei einem nicht prägenden ausländischen Hintergrund – wie hier – nach deutschem Sachrecht jedoch gerichtlich nicht einklagbar. Das deutsche Recht kenne das Institut der Morgengabe nicht. Inhaltlich passe es nicht in die Kategorien des deutschen Familienrechts. Die Vereinbarung sei „auf kulturelles und religiöses Brauchtum“ der dem Islam angehörigen Ehegatten zurückzuführen.

Die Trennung von Staat und Religion rechtfertigt in diesen Fällen ohne prägenden Auslandsbezug, weil die Morgengabe als Institut nicht mit dem Grundverständnis der Ehe in der modernen Gesellschaft übereinstimmt, dass der staatliche Durchsetzungszwang nicht für derartige Vereinbarungen zur Verfügung steht,

so das OLG. Es handele sich um eine so genannte Naturalobligation, d.h. eine Leistungsverpflichtung, die nicht mit rechtlichen Zwangsmitteln einseitig durchsetzbar sei.

 

Morgengabeversprechen bedarf notarieller Beurkundung

Ergänzend wies das OLG darauf hin, dass das Versprechen – selbst wenn es gerichtlich durchsetzbar wäre – formunwirksam wäre. Eine Morgengabeverpflichtung diene zumindest auch der Versorgung der Braut und sei regelmäßig bis zur Rechtskraft der Scheidung gestundet. Für eine zentrale nacheheliche vermögensrechtliche Vereinbarung sowie für Schenkungen sehe das deutsche Recht die notarielle Beurkundung vor. Ein Braut- bzw. Morgengabeversprechen bedürfe deshalb der notariellen Form.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen; dort ist ein Antrag der Antragstellerin auf Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsbeschwerde bereits eingegangen. Der Beschluss kann in kurzem Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abgerufen werden.

Zum Weiterlesen in der FamRZ:

Nadjma Yassari: Das Eheverständnis im Islam und in ausgewählten islamischen Ländern in FamRZ 2011, 1 (FamRZ-digital | FamRZ bei juris)

Hilmar Krüger: Allgemeine Ehewirkungen im Recht der orientalischen Staaten in FamRZ 2008, 649 (FamRZ-digital | FamRZ bei juris)

Wolfgang Wurmnest: Die Brautgabe im Bürgerlichen Recht in FamRZ 2005, 1878 (FamRZ-digital | FamRZ bei juris)

 

Quelle: Pressemitteilung Nr. 35/2019 des OLG Frankfurt/M. vom 24.6.2019

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