Frau zeugte nach Geschlechtsänderung Kind mit konserviertem Samen
Eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle, mit deren konserviertem Spendersamen ein Kind gezeugt wurde, kann rechtlich nur die Vater- und nicht die Mutterstellung erlangen. Dies hat der Bundesgerichtshof am 29.11.2017 entschieden (Az. XII ZB 459/16). Einen ähnlichen Fall hatte der BGH bereits im September zu entscheiden: Ein Frau-zu-Mann-Transsexueller hatte, nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Änderung seiner Geschlechtszugehörigkeit, ein Kind geboren. Das Gericht beschloss damals (Transsexuelle im Rechtssinne als Mutter des Kindes anzusehen ist (Entscheidung wurde veröffentlicht in FamRZ 2017, 1855, m. Anm. Wapler).
), dass derFrau verlangte Eintragung als zweite Mutter im Geburtenregister
Im aktuellen Fall ist die Beteiligte zu 1 transsexuell. Der Beschluss über die Feststellung ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht ist seit August 2012 rechtskräftig. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben im September 2015 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet. Zuvor hatte die Beteiligte zu 2 im Juni 2015 das betroffene Kind geboren. Dieses war nach dem Vortrag der Beteiligten mit dem konservierten Samen der Beteiligten zu 1 gezeugt worden. In einer notariellen Urkunde hatte diese noch vor der Geburt mit Zustimmung der Beteiligten zu 2 anerkannt, Mutter des Kindes zu sein.
Das Standesamt hat die Geburt des Kindes im Geburtenregister mit dem Inhalt beurkundet, dass die Beteiligte zu 2 dessen Mutter ist. Die Eintragung der Beteiligten zu 1, die ebenfalls als Mutter eingetragen werden will, hat es abgelehnt. Das Amtsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1 und 2, das Standesamt anzuweisen, auch die Beteiligte zu 1 als Mutter einzutragen, zurückgewiesen. Das Kammergericht hat die dagegen eingelegte Beschwerde zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihr Begehren weiter, dass auch die Beteiligte zu 2 als Mutter eingetragen wird.
Sicherung der biologisch festgelegten rechtlichen Mutter- bzw. Vaterstellung
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Kammergerichts bestätigt. Zwar richteten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten ab Rechtskraft der Entscheidung, dass ein Transsexueller als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, gemäß § 10 Abs. 1 TSG nach dem neuen Geschlecht, wenn durch Gesetz nichts anderes bestimmt sei. Nach § 11 Satz 1 TSG lasse eine solche Entscheidung das Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinen Kindern allerdings unberührt. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Vorschrift des § 11 Satz 1 TSG auch für solche leiblichen Kinder eines Transsexuellen gilt, die erst nach der Entscheidung über die Änderung der elterlichen Geschlechtszugehörigkeit geboren worden sind. Durch die Regelung werde gewährleistet, dass der biologisch durch Geburt oder Zeugung festgelegte rechtliche Status als Mutter oder Vater des Kindes gesichert und einer Veränderung nicht zugänglich ist.
Rechtliche Mutter des Kindes sei abstammungsrechtlich dementsprechend nur die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB). Als dem Fortpflanzungsbeitrag der Mann-zu-Frau-Transsexuellen durch Samenspende entsprechende Form der Elternschaftsbeteiligung ist mithin nur die Begründung der Vaterschaft möglich (§ 1592 BGB). Die von ihr stattdessen ausdrücklich erklärte Mutterschaftsanerkennung konnte daher keine Wirksamkeit erlangen.
Es verstoße nicht gegen Grundrechte der transsexuellen Person, dass ihr das geltende Abstammungsrecht - ungeachtet des Umstands, dass sie nunmehr als dem anderen Geschlecht zugehörig gilt - den sich aus dem früheren Geschlecht und dem diesem entsprechenden spezifischen Fortpflanzungsbeitrag ergebenden rechtlichen Elternstatus zuweist. Das Transsexuellengesetz stelle daher sicher, dass den betroffenen Kindern trotz der rechtlichen Geschlechtsänderung eines Elternteils rechtlich immer ein Vater und eine Mutter zugewiesen werden, und stehe im Einklang mit dem Grundgesetz.
Vorinstanzen:
AG Schöneberg – Beschluss vom 11. Januar 2016 – 71b III 426/15
Kammergericht Berlin – Beschluss vom 6. September 2016 – 1 W 109/16
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofes vom 4.1.2018