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Kindergeld: BFH präzisiert Erstausbildungsbegriff

Bundesfinanzhof, Urteil v. 20.2.2019 – III R 42/18

Haben volljährige Kinder bereits einen ersten Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang erlangt, besteht bei einem weiteren Ausbildungsgang nur unter bestimmten Voraussetzungen ein Kindergeldanspruch. So muss die weitere Ausbildung noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung sein und die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes bildet. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) nun entschieden hat, reicht es nicht aus, wenn lediglich eine berufsbegleitende Weiterbildung vorliegt (Az.: III R 42/18). Dabei stehe nämlich bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund. Der weitere Ausbildungsgang werde nur neben dieser durchgeführt.

 

Tochter arbeitete neben Ausbildung in Vollzeit

Die Klägerin ist die Mutter einer im März 1991 geborenen Tochter. Die Tochter befand sich bis Juli 2013 in einer Ausbildung zur Verwaltungsangestellten. Von November 2013 bis Juli 2016 absolvierte sie einen berufsbegleitenden Angestelltenlehrgang II zur Verwaltungsfachwirtin. Daneben stand sie in einem Vollzeitarbeitsverhältnis bei einer Stadtverwaltung.

Die Familienkasse lehnte eine Weiterzahlung des Kindergelds ab August 2013 mit der Begründung ab, dass die Tochter bereits eine erste Berufsausbildung abgeschlossen habe und während der Zweitausbildung einer zu umfangreichen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage statt. Es sah den Angestelltenlehrgang II noch als Teil einer einheitlichen Erstausbildung an und verpflichtete die Familienkasse, das Kindergeld bis März 2016 weiterzuzahlen.

 

BFH: Vollzeitjob ist die hauptsächliche Tätigkeit

Dagegen war die Revision der Familienkasse begründet. Für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur dann ein Kindergeldanspruch, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können auch mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammen zu fassen sein, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte) zueinanderstehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden. Eine solche einheitliche Erstausbildung liegt nach dem Urteil des BFH jedoch dann nicht mehr vor, wenn die nach Erlangung des ersten Berufsabschlusses aufgenommene Erwerbstätigkeit bereits die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen nur der Weiterbildung oder dem Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Beruf dienen. Damit präzisiert der BFH den Erstausbildungsbegriff.

Dagegen lehnte der BFH eine Dienstanweisung der Familienkassen ab, nach der eine einheitliche Erstausbildung nur dann angenommen werden könne, wenn die Absichtserklärung zur Fortführung der Erstausbildung spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts vorgelegt wird. Ebenso wenig sah es der BFH als schädlich an, dass der zweite Ausbildungsabschnitt eine Erwerbstätigkeit zur Abschlussvoraussetzung macht.

 

Weiteres Urteil in ähnlichem Fall

Der BFH entschied am 21.3.2019 außerdem noch in einem ähnlich gelagerten Fall (Az.: III R 17/18). In diesem nahm die Tochter nach der Ausbildung zur Bankkauffrau ein berufsbegleitendes Studium zur Bankfachwirtin auf. Hier widersprach der BFH der Verwaltungsauffassung, dass eine einheitliche Erstausbildung nur dann in Betracht komme, wenn sämtliche Ausbildungsmaßnahmen öffentlich-rechtlich geordnet sind.

 

Zum Weiterlesen:

Kindergeld bei neben der Ausbildung ausgeübter Erwerbstätigkeit - Bundesfinanzhof, Urteil v. 11.12.2018 – III R 26/18

Ausbildungsende im Kindergeldrecht - Pressemitteilung des Bundesfinanzhofes vom 10.1.2018

Keine Verlängerung des Kindergeldanspruchs wegen Dienst im Katastrophenschutz - BFH-Urteil vom 19.10.2017 – III R 8/17

Anspruch auf Kindergeld für Kinder in anderem Mitgliedsstaat - EuGH, Urteil in der Rs. C-322/17 (Eugen Bogatu / Minister for Social Protection)

 

Quelle: Pressemitteilung Nr. 42 des Bundesfinanzhofes vom 18.7.2019

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