Bundesgerichtshof, Pressemitteilung Nr. 091/2017 vom 14.06.2017
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14.06.2017
(Urteil IV ZR 141/16) über den Versicherungsschutz in der privaten Krankheitskostenversicherung für
eine im Ausland vorgenommene künstliche Befruchtung mittels Eizellspende
entschieden.
Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf
Ausgangssituation war, dass die kinderlose Klägerin im Jahr 2012 sich in die Tschechische Republik zu einem Zentrum für In-vitro-Fertilisation (IVF) begab. Dort wurden mehrere Versuche einer Eizellspende mit IVF-Behandlung sowie verlängerter Embryokultivierung (Blastozystentransfer) durchgeführt. Den Spenderinnen wurden jeweils Eizellen entnommen, von denen jeweils einige befruchtet wurden. Erst der letzte Versuch war erfolgreich, führte zu einer Schwangerschaft der Klägerin und schließlich zur Entbindung. Nun beansprucht die Klägerin die Erstattung der Kosten dieser Behandlung (rund 11.000 €) von dem beklagten privaten Krankenversicherer. Ihre Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Dem Versicherungsvertrag lagen die Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK 2009) zugrunde, nach denen sich der Umfang des Versicherungsschutzes u.a. aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt. Ferner ist vorgesehen, dass das Versicherungsverhältnis deutschem Recht unterliegt. Diese Bestimmungen hat der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht dahingehend ausgelegt, dass der Versicherer lediglich Aufwendungen für solche Heilbehandlungen zu ersetzen hat, die nach deutschem Recht in Deutschland erlaubt sind. Zwar erstreckt sich der Versicherungsschutz nach den Musterbedingungen auch auf Heilbehandlungen in Europa. Aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist dies aber als Regelung des räumlichen Geltungsbereichs des Versicherungsschutzes zu verstehen und bedeutet nicht, dass der Versicherer Aufwendungen für solche Behandlungen zu ersetzen hat, die in Deutschland verboten, in anderen europäischen Staaten aber erlaubt sind. Der Klägerin steht danach kein Anspruch gegen den beklagten Versicherer zu. Da die künstliche Befruchtung mittels Eizellspende nach deutschem Recht verboten ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz), bestand für die Behandlung in der Tschechischen Republik kein Versicherungsschutz, obwohl die Eizellspende dort erlaubt ist. Einen Verstoß der so verstandenen Versicherungsbedingungen gegen europäisches Gemeinschaftsrecht hat der Bundesgerichtshof verneint und eine etwaige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Streitfall jedenfalls für gerechtfertigt gehalten.
Vorinstanzen:
LG München I – Urteil vom 24. November 2015 – 23 O 14874/14
OLG München – Urteil vom 13. Mai 2016 – 25 U 4688/15
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 091/ 2017 vom 14.06.2017