Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Kein Anspruch auf weibliche Personenbezeichnungen in Vordrucken und Formularen

BGH-Urteil vom 13.3.2018 – VI ZR 143/17

Eine Sparkassen-Kundin hat keinen allgemeinen Anspruch, in Formularen und Vordrucken nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst zu werden. Dies hat der Bundesgerichtshof am 13.3.2018 entschieden (Az. VI ZR 143/17). Allein durch die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen erfahre die Klägerin keine Benachteiligung im Sinne von § 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

 

Nur generisches Maskulinum in Formularen der Sparkasse

Die Klägerin ist Kundin der beklagten Sparkasse. Diese verwendet im Geschäftsverkehr Formulare und Vordrucke, die neben grammatisch männlichen Personenbezeichnungen wie etwa "Kontoinhaber" keine ausdrücklich grammatisch weibliche Form enthalten. In persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben wendet sich die Beklagte an die Klägerin mit der Anrede "Frau […]". Durch Schreiben ihrer Rechtsanwältin forderte die Klägerin die Beklagte auf, die Formulare dahingehend abzuändern, dass diese auch die weibliche Form ("Kontoinhaberin") vorsehen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Der BGH hat die Revision zurückgewiesen.

 

Grammatisch männliche Personenbezeichnungen schließen Frauen mit ein

Die Klägerin beansprucht von der Beklagten, allgemein in Formularen und Vordrucken nicht unter grammatisch männlichen, sondern ausschließlich oder zusätzlich mit grammatisch weiblichen Personenbezeichnungen erfasst zu werden. Einen derartigen allgemeinen Anspruch habe sie nicht, so der BGH.  § 28 Satz 1 des Saarländischen Landesgleichstellungsgesetzes begründe keinen individuellen Anspruch und sei kein Schutzgesetz. Daher konnte der Senat offenlassen, ob die Vorschrift verfassungsgemäß ist.

Die Klägerin erfahre allein durch die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen keine Benachteiligung im Sinne von § 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die betroffene Person eine weniger günstige Behandlung erfahre als die Vergleichsperson, sei die objektive Sicht eines verständigen Dritten, nicht die subjektive Sicht der betroffenen Person. Der Bedeutungsgehalt grammatisch männlicher Personenbezeichnungen könne nach dem allgemein üblichen Sprachgebrauch und Sprachverständnis Personen umfassen, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist ("generisches Maskulinum"). Ein solcher Sprachgebrauch bringe keine Geringschätzung gegenüber Personen zum Ausdruck, deren natürliches Geschlecht nicht männlich ist.

 

Auch Gesetzgeber verwendet das generische Maskulinum

Grammatisch maskuline Personenbezeichnungen, die sich auf jedes natürliche Geschlecht beziehen, sind vor dem Hintergrund der seit den 1970er-Jahren diskutierten Frage der Benachteiligung von Frauen durch Sprachsystem sowie Sprachgebrauch als benachteiligend kritisiert worden. Teilweise werden sie nicht mehr so selbstverständlich als verallgemeinernd empfunden, wie dies noch in der Vergangenheit der Fall gewesen sein mag. Diese Tatsachen verkenne man nicht, so der BGH. Zwar werde im Bereich der Gesetzgebung und Verwaltung das Ziel verfolgt, die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen. Gleichwohl würden weiterhin in zahlreichen Gesetzen Personenbezeichnungen im Sinne des generischen Maskulinums verwendet (siehe etwa §§ 21, 30, 38 f., 40 ff. Zahlungskontengesetz: "Kontoinhaber"; §§ 488 ff. BGB "Darlehensnehmer"). Dieser Sprachgebrauch des Gesetzgebers sei zugleich prägend wie kennzeichnend für den allgemeinen Sprachgebrauch und das sich daraus ergebende Sprachverständnis.

Es liege auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität vor, da sich die Beklagte an die Klägerin in persönlichen Gesprächen und in individuellen Schreiben mit der Anrede "Frau […]" wendet und durch die Verwendung generisch maskuliner Personenbezeichnungen in Vordrucken und Formularen kein Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts erfolgt. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergebe sich angesichts des allgemein üblichen Sprachgebrauchs und Sprachverständnisses auch nicht aus Art. 3 GG.


Vorinstanzen:

Landgericht Saarbrücken – Urteil vom 10.3.2017 – 1 S 4/16

Amtsgericht Saarbrücken – Urteil vom 12.2.2016 – 36 C 300/15

 

Quelle: Pressemitteilung Nr. 048/2018 des Bundesgerichtshofs vom 13.3.2018

Zurück