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Gesundheits- und Rechtsexperten zum Abstammungsgesetzentwurf

- Pressemitteilungen

Heute im Bundestag Nr. 213 vom 29.03.2017

Gesundheits- und Rechtsexperten sehen in dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (18/11291) zum Nachweis der Abstammung von Kindern aus künstlicher Befruchtung eine überfällige Reform, halten aber weitere Änderungen und Ergänzungen für erforderlich.

Kritik am Gesetzentwurf

Die Anhörung des Gesundheitsausschusses im Bundestag sowie die schriftlichen Stellungnahmen der Fachverbände machen deutlich, dass es in Bezug auf den Gesetzentwurf noch einige Fragen offen sind. Kritisch werden u.a. folgende Themen gesehen:

  • Samenspenden aus dem Ausland sowie aus sogenannten Becherspenden,
  • Keine Erfassung von Altdaten,
  • Keine Beratung und Hilfe für die gezeugten Kinder,
  • Eingeschränkte Rechte der Kinder.

Einrichtung eines Samenspenderregisters

Mit dem Gesetzentwurf wird ein Auskunftsanspruch für jene Personen ab 16 Jahren festgelegt, die durch eine Samenspende und ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung gezeugt worden sind. Geplant ist dazu die Einrichtung eines zentralen Registers für Samenspender beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Dort sollen für eine Zeitspanne von 110 Jahren Angaben über die Samenspender und Empfängerinnen einer Samenspende gespeichert werden. Geregelt werden Aufklärungs-, Dokumentations- und Meldepflichten. So können künftig Personen, die meinen, durch eine Samenspende gezeugt worden zu sein, bei der Registerstelle eine Auskunft beantragen. Zugleich soll durch eine Ergänzung im BGB die gerichtliche Feststellung der rechtlichen Vaterschaft des Samenspenders ausgeschlossen werden. Auf die Weise soll verhindert werden, dass an Samenspender im Sorge-, Unterhalts- und Erbrecht Ansprüche gestellt werden. In der Anhörung berichtete eine Sachverständige von einem Mann, der mit Samenspenden vermutlich 30 Kinder gezeugt hat.

Entstehung weiterer "Inkongruenzen und Unsicherheiten"

Die Bundesärztekammer (BÄK) erklärte, dass Paare mit Kinderwunsch häufig Angebote aus dem Ausland nutzten. Diese würden jedoch dann von den Regelungen des jetzt vorliegenden Entwurfs nicht erfasst werden. Weiter übt die Ärztekammer Kritik an folgenden Themen:

  • Klärung von gesellschaftspolitische und familienrechtliche Fragen,
  • Sonderfall der Embryonenadoption,
  • Verwendung von Samenzellen mehrerer und vermischter Spender, sogenannte gepoolte Spenden,
  • Schlüssiges Konzept für das Kindschaftsrecht.

Ein Verwandtschaftsverhältnis des Samenspenders zu dem Kind könne nicht mehr entstehen. Problematisch sei überdies, dass Fälle der nicht ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung, etwa mittels der Becherspende, nicht von den Neuregelungen erfasst würden. In der Praxis sei eine Abgrenzung zwischen "ärztlich unterstützter künstlicher Befruchtung" und nicht ärztlich unterstützter Befruchtung schwierig, wenn Patientinnen eine Insemination mittels Becherspende oder aus dem Ausland importierten Samen wünschten.

Kosten sprechen gegen ärztliche Assistenz

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) merkte an, dass schon aus Kostengründen die meisten künstlichen Befruchtungen ohne ärztliche Assistenz abliefen. Die geplanten Regelungen ließen also die Mehrheit der Fälle außer Acht. Eine ärztliche Assistenz sei nur erforderlich, wenn Frauen unter Fruchtbarkeitsstörungen litten oder unregelmäßigen Zyklus hätten. Die Kosten mit ärztlicher Assistenz lägen oft bei 10.000 Euro oder darüber und würden von den Krankenkassen nicht erstattet, da nur die Kosten für eine homologe Insemination, also mit dem Samen des Ehepartners, übernommen würden.

Eintragung der Samenspender ins Geburtenregister

Nach Darstellung des Vereins Spenderkinder ist es rechtlich problematisch, wenn eine gerichtliche Feststellung des Spenders als genetischer Vater ausgeschlossen werden soll. Dies sei eine Diskriminierung, weil auf natürliche Weise oder durch eine Becherspende gezeugte Menschen ihren genetischen Vater als rechtlichen Vater feststellen lassen könnten. Es entstünde erstmals eine Gruppe von Menschen, die ihren genetischen Vater nicht als rechtlichen Vater feststellen lassen könnten. Der Verein sprach sich dafür aus, die Samenspender in das Geburtenregister einzutragen, um die Möglichkeit einer öffentlichen Feststellung der genetischen Verbindung zum Samenspender anzubieten. Auch ein Sprecher des Deutschen Richterbundes plädierte in der Anhörung für eine weniger starre Regelung. Diese sollte es bei einer Samenspende dem biologischen Vater ermöglichen können, auch der rechtliche Vater zu sein, wenn alle Beteiligten damit einverstanden wären. Dies könnte etwa dann relevant werden, wenn das Kind nur noch ein oder gar kein Elternteil mehr habe. Andere Sachverständige gaben zu bedenken, dass eine freiwillige Vaterschaftsanerkennung möglich bleibe.

Speicherung auch von Altdaten

Nach Ansicht des Beratungsnetzwerks Kinderwunsch Deutschland (BKiD) müssten alle Altdaten auch in das Register überführt werden. Auf diesen Punkt zielt auch die Kritik der Deutschen Vereinigung von Familien nach Samenspende (DI-Netz). Es sei eine unerträgliche Vorstellung, dass vorhandene Spenderdaten vernichtet würden. In dem Fall würde für die älteren Kinder keine Lösung angeboten. Das grundlegende Recht auf Kenntnis der Abstammung müsse aber für alle Menschen gelten, die mit Hilfe einer Samenspende gezeugt worden seien.

Problem bei Änderung der Personendaten

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) gab zu bedenken, dass der Entwurf keine Regelung vorsehe für den Fall, dass sich die Personendaten zwischenzeitlich ändern, etwa dann, wenn der Spender heirate und einen anderen Namen annehme oder wegziehe. Dann sei die Verwirklichung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung faktisch kaum möglich, wenn die nötige Recherche allein der durch Samenspende gezeugten Person aufgebürdet würde.

Quelle: Heute im Bundestag Nr. 213 vom 29.03.2017

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