Bundesgerichtshof, Urteil v. 20.11.2024 – 2 StR 54/24
Im August 2023 verurteilte das LG Erfurt (Az.: 2 KLs 542 Js 11498/21) einen Familienrichter wegen Rechtsbeugung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil hat der BGH nun als unbegründet verworfen (Az.: 2 StR 54/24).
Richteramt zielgerichtet benutzt und missbraucht
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen erließ der als Familienrichter tätige Angeklagte im April 2021 eine einstweilige Anordnung, mit der er es den Leitungen und Lehrkräften zweier Weimarer Schulen untersagte, einzelne der seinerzeit geltenden Infektionsschutzmaßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 gegenüber den dort unterrichteten Kindern durchzusetzen.
Die Absicht, eine entsprechende Entscheidung zu treffen, habe der Angeklagte bereits Anfang des Jahres 2021 gefasst. Somit habe er zielgerichtet darauf hingewirkt, dass ein entsprechendes Verfahren in seinen geschäftsplanmäßigen Zuständigkeitsbereich gelangen werde. Er habe über eine von ihm mitbearbeitete Anregung entschieden und dabei das ihm übertragene Richteramt zielgerichtet benutzt und missbraucht (Details zu der betreffenden Entscheidung und zu den Folgen finden Sie in der FamRZ-Übersicht: Kindesschutz-Anträge gegen Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen).
Einleitung des Kinderschutzverfahrens mit vorbereitet und gelenkt
Die Revision des Angeklagten war erfolglos. Das Urteil des Landgerichts weise weder formell noch sachlich Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf, so der BGH. Der Angeklagte, der sich außerdem zahlreiche Gehörsverstöße zuschulden kommen ließ, hat bei der von ihm verdeckt mit vorbereiteten und gelenkten Einleitung eines Kindesschutzverfahrens in elementarer Weise gegen Verfahrensvorschriften verstoßen. Die Auswahl mit seiner vorgefassten Rechtsauffassung übereinstimmender Sachverständiger nahm er vor Einleitung des Verfahrens heimlich über seine private E-Mail-Adresse vor. Dies habe das Landgericht zutreffend als Rechtsbeugung gewertet.
Die Verfahrensverstöße wiegten in ihrer Kombination derart schwer, dass es im konkreten Fall weder auf die Motive des Angeklagten noch darauf ankomme, ob die Endentscheidung materiell rechtskonform war. Der Angeklagte habe zum Vorteil der das Kindesschutzverfahren anregenden Eltern und zum Nachteil des Freistaats Thüringen gehandelt. Auch die Ausführungen des Landgerichts zur subjektiven Tatseite hielten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte ebenfalls keinen Erfolg, da die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergeben hat.
Damit ist das Urteil des Landgerichts Erfurt rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 222/2024 des BGH vom 20.11.2024