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Elterngeldberechnung: Auch Verluste sind "Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit"

Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 27. Oktober 2016

Auch Verluste aus einer selbstständigen Tätigkeit sind Einkommen im Sinne des Elterngeldrechts. Sie führen damit zur Verschiebung des Bemessungszeitraums für das Elterngeld. Das hat das Bundesozialgericht heute entschieden und damit das entgegenstehende Urteil des Landessozialgerichts Hamburg aufgehoben.

Gerechtfertigt wegen Verwaltungsvereinfachung

Seit der Neuregelung vom 10. September 2012 schreibt das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz für Berufstätige mit sogenannten Mischeinkünften aus selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung einen neuen Berechnungszeitraum vor: ausschlaggebend sind hier grundsätzlich immer die Einkünfte aus dem letzten Steuerjahr, nicht die 12 Monate vor Geburt des Kindes. Nach der jetzt vom Bundessozialgericht bestätigten Regelung lösen auch Verluste, das heißt negative Einkommensbeträge, den Rückgriff auf abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeiträume aus. Selbst wenn diese Verschiebung des Bemessungszeitraums im Einzelfall zu einem erheblich geringeren Elterngeldanspruch führt, ist dies durch das gesetzgeberische Ziel der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt und nicht gleichheitswidrig.

Klägerin verlangte abweichenden Bemessungszeitraum

Geklagt hatte eine Finanzbeamtin aus Hamburg, die während der Elternzeit für ihr erstes Kind im Jahr 2012 ein halbes Jahr lang ihr Glück als selbstständige Beraterin für Küchen- und Haushaltsartikel versucht hatte. Damit hatte sie aber nur Verluste erzielt. Ein Jahr vor der Geburt ihres zweiten Kindes im November 2013 gab sie die verlustbringende Selbstständigkeit auf und trat wieder ihren Dienst als Beamtin an. Die Klägerin hatte deshalb verlangt, ihr Elterngeld auf der Grundlage ihrer Beamtenbezüge und sonstiger Einkünfte in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres zweiten Kindes, November 2012 bis Oktober 2013, zu bemessen.

Stattdessen berechnete der beklagte Stadtstaat das Elterngeld aber nach dem Einkommen der Klägerin im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum vor ihrer ersten Elternzeit, dem Jahr 2011. Das Bundessozialgericht hat dieses Abstellen auf einen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum grundsätzlich gebilligt. Trotzdem hat es den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Das Landessozialgericht muss prüfen, ob die Elterngeldbehörde den Bemessungszeitraum für das Elterngeld der Klägerin vom Jahr 2012 zutreffend noch weiter auf das Jahr 2011 verschoben hat. Das Gesetz räumt der Klägerin insoweit ein Wahlrecht ein. Bisher ist nicht geklärt, ob sie einen entsprechenden Antrag gestellt hat.


Quelle: Pressemitteilung Nr. 21/16 des Bundessozialgerichts vom 27. Oktober 2016

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