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BVerfG erklärt § 217 StGB für nichtig

Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig

Das BVerfG hat mit heutigem Urteil (Az.: 2 BvR 2347/15, 2 BvR 651/16, 2 BvR 1261/16, 2 BvR 1593/16, 2 BvR 2354/16, 2 BvR 2527/16) entschieden, dass § 217 StGB nichtig ist. Das darin seit 2015 normierte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verstoße gegen das Grundgesetz, weil es die Möglichkeiten einer assistierten Selbsttötung faktisch weitgehend entleere. Hieraus folgt nicht, so das Gericht, dass es dem Gesetzgeber von Verfassungswegen untersagt ist, die Suizidhilfe zu regulieren. Er müsse dabei aber sicherstellen, dass dem Recht des Einzelnen, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, hinreichend Raum zur Entfaltung und Umsetzung verbleibe.

 

Recht auf selbstbestimmtes Sterben respektieren

217 StGB (Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung) bedroht denjenigen mit Strafe, der in der Absicht, die Selbsttötung eines anderen zu fördern, diesem hierzu geschäftsmäßig Gelegenheit gewährt, verschafft oder vermittelt. Gegen die 2015 in Kraft getretene Vorschrift geklagt hatten in Karlsruhe unter anderem

  • Vereine mit Sitz in Deutschland und in der Schweiz, die Suizidhilfe anbieten,
  • schwer erkrankte Personen, die ihr Leben mit Hilfe eines solchen Vereins beenden möchten,
  • in der ambulanten oder stationären Patientenversorgung tätige Ärzte,
  • im Bereich suizidbezogener Beratung tätige Rechtsanwälte.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) umfasse ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben, so das BVerfG in seiner Urteilsbegründung. Dieses Recht schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Die in Wahrnehmung dieses Rechts getroffene Entscheidung des Einzelnen, seinem Leben entsprechend seinem Verständnis von Lebensqualität und Sinnhaftigkeit der eigenen Existenz ein Ende zu setzen, sei im Ausgangspunkt als Akt autonomer Selbstbestimmung von Staat und Gesellschaft zu respektieren.

Der Volltext der Entscheidung ist bereits auf der Website des BVerfG abrufbar.

Zum Weiterlesen:

Bundesverwaltungsgericht legt extremen Ausnahmefall zur Sterbehilfe fest - BVerwG 3 C 19.15 - Urteil vom 2.3.2017

104 Anträge auf Sterbehilfe - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion

Voraussetzungen zum Erwerb eines Betäubungsmittels zur Selbsttötung - Bundesverwaltungsgericht, Urteil v. 2.3.2017 – 3 C 19.15

 

Quelle: Pressemitteilung Nr. 12/2020 des Bundesverfassungsgerichts vom 26.2.2020

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