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BAföG-Grundpauschale i 2014-2015 mit dem Grundgesetz vereinbar

BVerfG, Beschluss v. 23.9.2024 – 1 BvL 9/21

§ 13 Abs. 1 Nr. 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) in der von Oktober 2014 bis Februar 2015 geltenden Fassung (a.F.) ist mit dem Grundgesetz vereinbar, soweit die Regelung Auszubildende in staatlichen Hochschulen betrifft. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit am 30.10.2024 veröffentlichtem Beschluss entschieden.

 

Klägerin hält Höhe der gesetzlichen Grundpauschale für verfassungswidrig

Nach dem BAföG haben Studierende einen Anspruch auf individuelle Ausbildungsförderung, wenn ihnen die für ihren Lebensunterhalt und ihre Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Die Höhe des Bedarfs für die Ausbildung an Hochschulen ergibt sich aus der – hier verfahrensgegenständlichen – Grundpauschale nach § 13 Abs. 1 BAföG zur Deckung des Lebensunterhalts und der Ausbildungskosten, einer Unterkunftspauschale, einem Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag sowie Zusatzleistungen für Auszubildende mit Kind. Auf den Bedarf sind Einkommen und Vermögen der Auszubildenden sowie Einkommen ihrer Ehegatten oder Lebenspartner und ihrer Eltern anzurechnen. Insoweit bestehen Freibeträge.

Die monatliche Förderung wird zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als Darlehen geleistet. Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben grundsätzlich keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGBII.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens nahm im Oktober 2014 ein Masterstudium an einer staatlichen Hochschule auf. Für das Studium wurden ihr unter Anrechnung von Einkommen ihrer Eltern für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2014 Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz in Höhe von monatlich 176 Euro und für den Zeitraum Januar bis Februar 2015 in Höhe von monatlich 249 Euro bewilligt. Im Ausgangsverfahren begehrt die Klägerin die Bewilligung einer höheren Ausbildungsförderung für die Monate Oktober 2014 bis Februar 2015, weil sie die Höhe der gesetzlichen Grundpauschale für verfassungswidrig hält. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Grundpauschale des § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG im hier relevanten Zeitraum mit dem Grundgesetz vereinbar war.

 

Keine Handlungspflicht des Staates in Bezug auf die Hochschulausbildung

Die Grundpauschale ist im hier maßgeblichen Zeitraum unter allen in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten mit dem Grundgesetz vereinbar, stellte das Bundesverfassungsgericht fest. Es führt aus, dass mittellose Hochschulzugangsberechtigte sich nicht auf einen subjektiven verfassungsrechtlichen Anspruch auf staatliche Leistungen zur Ermöglichung eines Studiums berufen können, dem die Bemessung der Grundpauschale widersprechen könnte. Die angegriffene Grundpauschale nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 BAföG a.F. sei auch nicht mit Blick auf den aus Art. 12 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip folgenden objektiv-rechtlichen Auftrag des Staates zur Wahrung gleicher Bildungs- und Ausbildungschancen zu beanstanden.

Danach bestehe derzeit keine Handlungspflicht des Staates in Bezug auf die Hochschulausbildung. Diese Ausbildung sei nicht einem erheblichen Teil der Bevölkerung von vornherein verschlossen, weil der Staat eine Förderung dieses Bereichs völlig vernachlässigt. Vielmehr sorge der Staat gerade in diesem Ausbildungsbereich für soziale Durchlässigkeit. Das gelte nicht nur mit Blick auf die Förderleistungen zugunsten mittelloser Hochschulzugangsberechtigter nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, die etwa ein Sechstel bis ein Fünftel aller Studierenden erhalten und die den meisten Geförderten ein Studium überhaupt erst ermöglichen. Darüber hinaus sorge der Staat auch dadurch für soziale Durchlässigkeit, dass er unter Verwendung erheblicher öffentlicher Mittel selbst ein sozialverträgliches Studienangebot an staatlichen Hochschulen schaffe.

Eine detailliertere Urteilsbegründung finden Sie auf der Website des BVerfG.

 

Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 88/2024 v. 30.10.2024

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