Pressemitteilung des Bundesfinanzhofes vom 7. September 2016
Entrichtet ein Erbe eine Abfindungszahlung an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen der Erbenstellung, ist diese als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Juni 2016 II R 24/15 entschieden.
Finanzamt berücksichtigte Abfindungszahlung bei Steuerfestsetzung nicht
Im Streitfall hatte die Erblasserin zunächst in einem notariellen Testament die Klägerin und deren Ehemann als Erben zu gleichen Teilen eingesetzt. Kurz vor ihrem Tod ordnete sie handschriftlich an, dass ihr Finanzberater Alleinerbe sein sollte. Der nach dem Tod der Erblasserin vor dem Nachlassgericht geführte Streit um die Erbenstellung endete in einem Vergleich. Darin nahm der Finanzberater seinen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gegen Zahlung einer Abfindungssumme von 160.000 € durch die Eheleute zurück.
Daraufhin wurde den Eheleuten ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt, der diese als (Mit-)Erben zu gleichen Teilen ausweist. Das Finanzamt setzte gegen die Klägerin Erbschaftsteuer fest, ohne die anteilige Abfindungszahlung bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs zum Abzug zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage statt.
Kosten im Rahmen eines Rechtsstreits sind Erwerbskosten
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung des FG. Die Abfindungszahlung, die der Erbe an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Klärung der Erbenstellung entrichtet, sei als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes abzugsfähig. Ein Abzug von Erwerbskosten als Nachlassverbindlichkeiten setze einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs voraus. Der Begriff der Erwerbskosten sei dabei grundsätzlich weit auszulegen. Nach dem Urteil des BFH hängen Kosten, die dem letztendlich bestimmten Erben infolge eines Rechtsstreits um die Erbenstellung entstehen, regelmäßig unmittelbar mit der Erlangung des Erwerbs zusammen.
Zahlungsempfänger entrichtet keine Erbschaftsteuer
Ein Grundsatz korrespondierender Steuerbarkeit besteht im Übrigen nicht, so der Bundesfinanzhof. So stehe dem Abzug als Nachlassverbindlichkeit beim Zahlenden nicht entgegen, dass beim Zahlungsempfänger kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt. Daher verneint der BFH einen Widerspruch zu seiner Rechtsprechung, nach der beim weichenden Erbprätendenten, der eine Abfindungszahlung dafür erhält, dass er die Erbenstellung nicht mehr bestreitet, kein der Erbschaftsteuer unterliegender Erwerb vorliegt.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 59/2016 des BFH vom 7. September 2016