Bertelsmann Studie offenbart gravierenden Fachkräftemangel
In Deutschland gibt es noch immer zu wenig Kita-Plätze, um die Nachfrage zu decken. Gemessen an den Betreuungswünschen fehlen im kommenden Jahr voraussichtlich bis zu 383.600 Plätze bundesweit: 362.400 im Westen und 21.200 im Osten. Das geht aus neuen Berechnungen der Bertelsmann Stiftung für das aktuelle Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme hervor. Um den Betreuungsbedarf der Eltern zu erfüllen, müssten zusätzlich zum vorhandenen Personal weitere 93.700 Fachkräfte im Westen und 4.900 im Osten eingestellt werden.
Für diese insgesamt 98.600 Personen würden zusätzliche Personalkosten von 4,3 Milliarden Euro pro Jahr entstehen, von denen der Großteil (4,1 Milliarden Euro) auf die westdeutschen Bundesländer entfiele. Hinzu kämen Betriebs- und mögliche Baukosten für Kitas.
Ausbaubedarf unterscheidet sich nach Bundesland und Altersgruppe
Wie die Studie zeigt, ist in fast allen Bundesländern, vor allem in den westdeutschen, die Nachfrage der Eltern nach Kita-Plätzen höher ist als der Anteil an Kindern, die 2021 betreut wurden. Der größte Mangel besteht im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen mit 101.600 fehlenden Kita-Plätzen, während in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen kein Platzausbau erforderlich ist.
Auch in den Stadtstaaten ist der Platzmangel unterschiedlich ausgeprägt. Es fehlen
- 000 Kita-Plätze in Berlin (Unterversorgung rund 7 %),
- 400 (rund 13 %) in Bremen,
- 700 Plätze (3 %) in Hamburg.
Der Ausbaubedarf unterscheidet sich darüber hinaus nach Altersgruppe. Den Berechnungen zufolge fehlen für unter dreijährige Kinder in Westdeutschland rund 250.300 Kita-Plätze, in Ostdeutschland (inklusive Berlin) sind es rund 20.700. Für die Kinder ab drei Jahren gibt es in den westdeutschen Bundesländern 112.100 Plätze zu wenig, gegenüber 500 im Osten.
Bund müsse in größerem Umfang dauerhaft in Finanzierung einsteigen
Noch immer werden bundesweit 68 % aller Kita-Kinder in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen entsprechen. In Ostdeutschland trifft dies auf rund 90 % der Kita-Kinder zu, doch auch im Westen ist der Anteil mit 63 % zu hoch. Damit 2023 nicht nur ausreichend Kita-Plätze zur Deckung der Betreuungsbedarfe bereitstehen, sondern auch alle Plätze kindgerechte Personalschlüssel aufweisen, müssten 308.800 Fachkräfte zusätzlich beschäftigt werden. Das entspräche Personalkosten von rund 13,8 Milliarden Euro jährlich.
„Die Länder und Kommunen müssen den Platzausbau jetzt mit Nachdruck vorantreiben“, so Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung. Zwar sehe das neue Kita-Qualitätsgesetz vor, dass der Bund 2023 und 2024 jeweils bis zu zwei Milliarden Euro für die frühkindliche Bildung bereitstellt. Doch weil diese Mittel nicht reichen werden, sei es laut Stein unausweichlich, dass der Bund in größerem Umfang in die dauerhafte Finanzierung des Kita-Systems einsteigt. Die Bundesmittel sollten dazu eingesetzt werden, den Qualitätsausbau in Form kindgerechter Personalschlüssel voranzutreiben. Dieses Vorhaben hat die Ampelregierung im Koalitionsvertrag vereinbart.
Arbeitsbedingungen müssen spürbar und schnell verbessert werden
Das Kernproblem auf dem Weg zu genügend Plätzen und mehr Qualität in der frühkindlichen Bildung sei allerdings der enorme Fachkräftemangel. Damit mittelfristig eine bessere Personalausstattung möglich ist, brauche es eine verbindliche Strategie, wie zukünftig mehr und qualifiziertes Personal hinzukommen wird. Ansonsten verlieren die Kitas ihre Attraktivität als Arbeitsplatz und können ihren Bildungsauftrag nicht mehr erfüllen, so Stein.
Laut Bertelsmann Stiftung müsse es dringend bereits jetzt gelingen, das vorhandene Kita-Personal zu entlasten. Im Ländermonitoring liefert sie dafür auch Lösungsvorschläge, etwa die zusätzliche Beschäftigung von Hauswirtschaftskräften. Vor allem aber sollte das jetzige Aufgabenspektrum von Kitas konsequent überprüft und priorisiert werden. Denn die Anforderungen an das Kita-Personal seien sehr vielfältig und ließen sich mit der aktuellen Personalbemessung nicht mehr umsetzen.
Die vollsständige Pressemitteilung, Zusatzinformationen zum Studien Design und das vollständige Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme finden Sie auf der Website der Bertelsmann Stiftung.