Sitzung des Petitionsausschusses am 11.10.2023
Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung am 11.10.2023 zwei Petitionen behandelt, die eine Verankerung der Rechte von Kindern und Jugendlichen im Grundgesetz zum Thema haben.
Kinder sollen Rechtssubjekte mit eigenen Rechten sein
Die erste behandelte öffentliche Petition (ID 95231) fordert, das Kindeswohl verfassungsrechtlich zu garantieren und Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz mit dem Zusatz „Das Wohl des Kindes steht im Vordergrund.“ zu ergänzen. „Kinder sollen nicht nur als Rechtsobjekte angesehen werden, sondern auch als Rechtssubjekte mit eigenen Rechten, die sowohl von Erziehungsberechtigten als auch von Behörden vorrangig zu beachten sind“, heißt es in der Petition. Eine erste Orientierung könne die UN-Kinderrechtskonvention bieten, die von der Bundesrepublik Deutschland bereits im Jahr 1992 ratifiziert worden sei, schreibt der Petent. Zu den Kinderrechten gehörten
- der Schutz vor Diskriminierung, Ausbeutung und Gewalt,
- der ungehinderte Zugang zu Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung,
- das Recht auf Erziehung, Bildung und Ausbildung
- das Recht auf Partizipation in Schule und Gesellschaft,
- das Recht der Kinder auf Mitsprache in allen Angelegenheiten, die ihr seelisches, geistiges und körperliches Wohlergehen betreffen,
- das Recht zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit.
Mit den Stimmen aller Fraktionen - mit Ausnahme der AfD-Fraktion - verabschiedete der Ausschuss die Beschlussempfehlung an den Bundestag, die Petition dem BMJ sowie dem BMFSJ „als Material“ zu überweisen und sie den Fraktionen zur Kenntnis zu geben.
Petentin befürchtet Verlust von Freiheitsrechten der Kinder
Den Abschluss des Petitionsverfahrens sieht die mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke verabschiedete Beschlussempfehlung zu einer weiteren öffentlichen Petition (ID 104010) vor. In dieser wird die Ablehnung einer Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz gefordert. Aus Sicht der Petentin gibt es keine verfassungsrechtliche Schutzlücke. Das Bundesverfassungsgericht habe bereits in einem Beschluss im Jahr 1968 festgehalten, dass das Kind ein Wesen mit eigener Menschenwürde und dem eigenen Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne der Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG sei, heißt es in der Eingabe. Somit schütze das Grundgesetz Kinder bereits heute in vorbildlicher Weise. Der Begriff „Kinderrechte“ lasse zudem offen, wie diese Rechte genau definiert werden, wird kritisiert.
Dies berge die Gefahr, dass die Politik künftig eigene Ziele, die Kinder betreffen, zu einem Kinderrecht erklären könnte. Denkbar seien beispielsweise die Einführung einer „Kindergartenpflicht“ oder gar einer „Krippenpflicht“ gestützt auf ein kindliches Recht auf Bildung. Hingegen sei es vermutlich im Sinne der Verfasser des Grundgesetzes gewesen, zukünftig Generationen vor dem Verlust von Freiheitsrechten zu schützen, schreibt die Petentin. Die Ausschussmehrheit hielt die Petition nicht für geeignet, in die Diskussionen und politischen Entscheidungsprozesse zur Verankerung der Kinderrechte im GG einbezogen zu werden.
Koalitionsvertrag sieht Verankerung der Kinderrechte im GG vor
In den Begründungen des Petitionsausschusses zu den beiden Beschlussempfehlungen wird jeweils auf den Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die 20. Legislaturperiode verwiesen. In diesem sei vereinbart worden, die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz zu verankern und sich dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention zu orientieren. Die konkrete Ausgestaltung, so heißt es, bleibe abzuwarten.
Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz wird seit langem diskutiert. Anfang 2023 beschloss die Bundesregierung auch bereits auf einen entsprechenden Gesetzentwurf.
Quelle: Heute im Bundestag (hib) Nr. 731/2023 v. 11.10.2023