Arbeitsgruppe des BMJV legt Thesenpapier vor
Die interne Arbeitsgruppe „Sorge- und Umgangsrecht, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung nach Trennung und Scheidung“ hat sich auf Thesen zu einer Reform des Sorge- und Umgangsrechts verständigt. Sie war im April 2018 im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzt worden. Ihre Aufgabe: den Reformbedarf im Sorge- und Umgangsrecht, auch im Hinblick auf Fälle des Wechselmodells, umfassend erörtern.
Neben Stephan Hammer, Schriftleiter der FamRZ, gehörten der Arbeitsgruppe weitere Expertinnen und Experten des Familienrechts an:
- Eva Becker, Rechtsanwältin, Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltsverein
- Prof. em. Dr. Michael Coester, Vorsitzender der Kinderrechtekommission beim Deutschen Familiengerichtstag
- Prof. Dr. Isabell Götz, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht München und Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstags, Honorarprofessorin an der Universität Mannheim und Miterausgeberin der FamRZ
- Prof. Dr. Stefan Heilmann, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Frankfurt und Honorarprofessor an der Frankfurt University of Applied Science
- Prof. Dr. Klinkhammer, Richter am Bundesgerichtshof, Honorarprofessor an der Universität Marburg und Mitherausgeber der FamRZ
- Prof. Dr. Eva Schumann, Professorin an der Georg-August-Universität Göttingen
- Prof. Dr. Hildegund Sünderhauf-Kravets, Professorin an der Evangelischen Hochschule Nürnberg
Wesentliche Ergebnisse der Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe sah aufgrund der geänderten Lebenswirklichkeiten vieler Familien und der gesellschaftlichen Entwicklungen mehrheitlich Bedarf für eine grundlegende Reform im Bereich des Kindschaftsrechts. Zu den wesentlichen Ergebnissen der Arbeitsgruppe zählen:
- Die elterliche Sorge soll den rechtlichen Eltern eines Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen.
- Die elterliche Sorge soll nicht mehr entzogen werden können. Elternkonflikte sollen durch Regelung der Ausübung der elterlichen Sorge entschieden werden. Dies gilt insbesondere auch für die Betreuung des Kindes.
- Ein Umgangsrecht soll es nur noch für Dritte geben.
- Es soll kein gesetzliches Leitbild für ein bestimmtes Betreuungsmodell eingeführt werden. Vielmehr sollen alle Betreuungsformen bis hin zum Wechselmodell im Rahmen einer am Kindeswohl orientierten Einzelfallentscheidung angeordnet werden können.
- Einer Sonderregelung für das Wechselmodell bedarf es deshalb nicht.
- Es kann, wenn es dem Kindeswohl am besten entspricht, wie jede andere Betreuungsform folglich auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden.
- Der Kindeswillen soll künftig stärker berücksichtigt werden.
- Die elterliche Verantwortung soll gestärkt und einvernehmliche Lösungen sollen erleichtert werden.
Volltext: Thesen zu einer Reform des Sorge- und Umgangsrechts
Zum Weiterlesen:
"Überlegungen zu einer grundlegenden Reform des Sorge- und Umgangsrechts" von Hammer in FamRZ 2018, 229
FamRZ-Buch 37: „Sorge und Umgang in der Rechtspraxis“ von Tobias Fröschle
Kindesunterhaltsrecht auf dem Prüfstand - Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion
72. DJT: Beschlüsse der Abteilung Familienrecht - Umfassende Reformen gefordert
„Kindesunterhalt und Wechselmodell – Eine vergleichende Perspektive“ von Dethloff und Kaesling in FamRZ 2018, 73
„Alternativentwurf eines Finanzierungsmodells bei Wechselbetreuung eines Kindes“ von Spangenberg in FamRZ 2017, 1383
„Das Wechselmodell“ von Wohlgemuth in FamRZ 2017, 676
Quelle: Pressemitteilung des BMJV vom 29.10.2019