Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Kommission Kinderschutz stellt Abschlussbericht vor

Enthält mehr als 100 konkrete Einzelempfehlungen

Die im Herbst 2018 anlässlich des besonders schweren Missbrauchsfalls in Staufen im Breisgau eingesetzte Kommission Kinderschutz hat ihren Abschlussbericht vorgestellt. Darin fordert sie mit mehr als 100 konkreten Einzelempfehlungen Bund, Land und Kommunen, aber auch die Zivilgesellschaft zum Handeln für einen besseren Kinderschutz auf. Wichtig sei vor allem eine intensivere Zusammenarbeit aller Behörden, Stellen und Institutionen, so der Vorsitzende der Kommission, Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha bei der Vorstellung des Abschlussberichts in Stuttgart. Darüber hinaus müsse in Zukunft darauf hingearbeitet werden, dass

  • für die Gefährdungseinschätzung durch Jugendamt und Familiengericht aussagekräftige sowie praktisch gut handhabbare Standards festgelegt werden,
  • Datenschutz und Kinderschutz in Zukunft in einem sorgsam ausgewogenen Verhältnis stehen,
  • für die Betroffenen sexuellen Missbrauchs ein möglichst dichtes Netz von Anlaufstellen geschaffen werde,
  • die Prävention beispielsweise durch wirksame Schutzkonzepte weiter ausgebaut werde.

 

Vor-Ort-Beratungen für Jugendämter – Fortbildung für Familienrichter

Die Kommission Kinderschutz empfiehlt detaillierte Maßnahmen zur Verbesserung des Kinderschutzes. Hierzu zählen beispielsweise Änderungen im SGBVIII und im FamFG. Die Mitwirkung der Jugendämter in familiengerichtlichen Verfahren soll ausdrücklich gesetzlich verankert und auch betroffene Minderjährige im Kinderschutzverfahren angehört werden. Darüber hinaus sollen Eintragungen über einschlägige Straftaten künftig weitgehend nicht mehr aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Vorgesehen sind auch Änderungen der Konzeption zum Umgang mit besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern (KURS).

Eine wichtige Rolle komme den Jugendämtern zu, heißt es im Bericht. Hier sollen wirksame Methoden zur Einschätzung des Gefährdungsrisikos erarbeitet werden, die entsprechenden Gütekriterien genügen. Aktuell finden bereits Vor-Ort-Beratungen der Jugendämter durch das Deutsche Jugendinstitut statt. Wichtig sei zudem, interdisziplinäre Fortbildungsangebote für alle am Kinderschutz beteiligten Akteure zu etablieren. Auch Familienrichterinnen und Familienrichter sollen künftig verpflichtet sein, unmittelbar nach Übernahme eines familienrechtlichen Referats an umfassenden Fortbildungen teilzunehmen. Darüber hinaus sollen Haupt- und Ehrenamtliche in Vereinen bei der Entwicklung und Umsetzung wirksamer Schutzkonzepte unterstützt werden.

 

Umfassende Analyse des Kinderschutzes in Baden-Württemberg

Seit Herbst 2018 hat die Kommission Kinderschutz eine umfassende Analyse des Kinderschutzes in Baden-Württemberg vorgenommen und Handlungsfelder für dessen Weiterentwicklung und Verbesserung identifiziert. In diesem Prozess arbeiteten die für den Kinderschutz in Baden-Württemberg verantwortlichen Ministerien (Soziales und Integration, Innenministerium, Justizministerium, Kultusministerium und Staatsministerium) Hand in Hand mit Expertinnen und Experten aus der Praxis der Jugendhilfe, der Justiz und der Polizei sowie mit besonders ausgewiesenen Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft.

Als sachverständige Mitglieder nahmen

  • Dr. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Ulm,
  • Generalstaatsanwalt a. D. Klaus Pflieger,
  • Vizepräsidentin des Bayerischen Landeskriminalamtes Petra Sandles,
  • Dr. Sabine Walper, Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts
  • Vorsitzender Richter am OLG a. D. Gerd Weinreich

an der Kommission Kinderschutz teil. Für die Liga der freien Wohlfahrtsverbände war Frau Barbara Meier an der Kommission beteiligt. Für die öffentlichen Träger der Jugendhilfe nahm Herr Wolfgang Trede teil.

Der Abschlussbericht der Kommission Kinderschutz inklusive Materialienband sowie die Zusammenfassung des Abschlussberichts können von der Website des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg heruntergeladen werden.

 

Zum Weiterlesen:

Familienrichter-Fortbildung: Experten sind dafür - Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am 25.9.2019

Kindeswohlgefährdungen 2018: Jugendämter melden 10 % mehr Fälle - Mitteilung des Statistischen Bundesamts vom 6.9.2019

Studie zur beruflichen Realität im Jugendamt erschienen - Publikation ermittelt Prozess- und Strukturqualität der Arbeitsvollzüge

Familiengerichtsbarkeit muss Fehlerkultur überdenken: Beitrag von Richter am OLG Stefan Heilmann in FamRZ 2018, Heft 23

Qualitätssicherung in Kindschaftsverfahren - Antwort der Bundesregierung auf kleine Anfrage der FDP-Fraktion

Mehr Personal und Fortbildungen für Familiengerichte - Bundesregierung und Länder einigen sich auf Pakt für den Rechtsstaat

 

Quelle: Pressemitteilung des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg vom 17.2.2020

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