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Kinderpornografische Inhalte: Anpassung der Mindeststrafen

- Gesetzgebung

BMJ veröffentlicht Referentenentwurf

Das Bundesministerium der Justiz hat am 17.11.2023 einen Referentenentwurf zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Abs. S. 1 und § 184b Abs. 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte veröffentlicht. Dieser behält die zum 1.7.2021 in Kraft getretene Erhöhung des Strafrahmens auf zehn Jahre Freiheitsstrafe für die Tatbestandsvarianten des § 184b Abs. 1 S. 1 StGB und auf fünf Jahre Freiheitsstrafe für die Tatbestandsvarianten des § 184b Abs. 3 StGB bei. Die Neuregelung macht nur die Heraufstufung zum Verbrechen durch Senken der Mindeststrafen in Abs. 1 S. 1 von einem Jahr auf sechs Monate und in Abs. 3 von einem Jahr auf drei Monate rückgängig.

Durch die Beibehaltung der Höchststrafen soll sichergestellt werden, dass auch künftig schwere Straftaten nach § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StGB angemessen sanktioniert werden können. Zugleich wird den Strafverfolgungsbehörden aber die Möglichkeit wiedereröffnet, in jedem Einzelfall angemessen auf Verfahren zu reagieren, die Straftaten nach § 184b Abs. 1 S. 1 oder Abs. 3 StGB zum Gegenstand haben. Wenn der Tatvorwurf am unteren Rand der Strafwürdigkeit liegt, kann damit wieder eine niedrigere Strafe als ein Jahr Freiheitsstrafe verhängt werden. Zudem können Verfahren wieder nach den §§ 153 und 153a StPO eingestellt oder durch Strafbefehl nach den §§ 407 ff. StPO erledigt werden, wenn die Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen.

 

Letzte Gesetzesänderung im Juli 2021

In der 19. Legislaturperiode wurde der Tatbestand der Verbreitung, des Erwerbs und des Besitzes kinderpornographischer Inhalte (§ 184b StGB) durch das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder grundlegend neugefasst. Insbesondere wurde der Strafrahmen für die Tatbestandsvarianten des Abs. 1 S. 1 von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren auf ein Jahr bis zu zehn Jahren und der Strafrahmen für die Tatbestandsvarianten des Abs. 3 von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe auf ein Jahr bis zu fünf Jahren angehoben. Alle Taten nach § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StGB sind damit Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB).

Es wurden keine minder schweren Fälle geregelt. Die Heraufstufung zum Verbrechen hat seitdem zudem zur Folge, dass die Strafverfolgungsbehörden Verfahren, die Straftaten nach § 184b Abs. 1 S. 1 oder Abs. 3 StGB zum Gegenstand haben, nicht mehr nach den §§ 153 und 153a der Strafprozessordnung (StPO) einstellen oder durch Strafbefehl nach den §§ 407 ff. StPO erledigen können.

 

Verhältnismäßigkeit der Mindeststrafe ist derzeit fraglich

Die Rückmeldungen aus der Praxis haben gezeigt, dass diese Gesetzesänderung bei Verfahren, die einen Tatverdacht am unteren Rand der Strafwürdigkeit zum Gegenstand haben, dazu führt, dass eine tat- und schuldangemessene Reaktion nicht mehr in jedem Einzelfall gewährleistet ist. Die Verhältnismäßigkeit der Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe ist insbesondere dann fraglich, wenn die beschuldigte Person offensichtlich nicht aus pädokrimineller Energie gehandelt hat, sondern um eine weitere Verbreitung oder ein öffentliches Zugänglichmachen eines kinderpornographischen Inhalts zu beenden, zu verhindern oder aufzuklären. Ebenso betroffen sind Fälle, in denen der Inhalt ungewollt in den Besitz der Empfängerin oder des Empfängers gelangt war oder bei jugendlichen Täterinnen und Tätern, die aus einem für den jugendlichen Entwicklungsstand typischen Antrieb wie Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben gehandelt haben.

Der Entwurf wurde heute an Länder und Verbände verschickt und auf der Homepage des BMJ veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben Gelegenheit, bis zum 15.12.2023 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht werden.

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