Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Halbierung der Einkommensgrenze beim Elterngeld umstritten

Öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses am 9.10.2023

Die Einkommensgrenze nach § 1 Abs. 8 des Bundeselterngeldgesetzes, die derzeit bei 300.000 Euro liegt, soll zum 1.1.2024 auf 150.000 Euro abgesenkt werden. Diese Planung des BMFSFJ sei ein Ergebnis der Sparanordnung des Finanzministeriums an den Familienetat, so Familien-Staatssekretär Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen) während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag. „Die von uns vorgeschlagene Variante lässt das Elterngeld für rund 96 Prozent aller Elterngeldbeziehenden komplett unangetastet“, so der Staatssekretär. Lehmann räumte aber auch ein, dass es für die verbleibenden 4 % der Elterngeldbeziehenden ein „schmerzlicher Einschnitt“ sei.

 

Änderung laufe dem Ziel der Gleichberechtigung entgegen

Verena Pausder sprach sich in einer öffentlichen Petition (ID 153198) für die Beibehaltung der Einkommensgrenze von 300.000 Euro aus. Betroffen seien nicht die, die von ihrem Vermögen leben können, sondern viele Young Professionals und Akademiker. Da die meisten noch sehr jung seinen, habe es für sie wenig Spielraum gegeben, Geld für eine Kürzung beiseitezulegen. In den meisten Fällen würden Frauen auf ihren Beruf verzichten, falls sich ein Paar keine externe Kinderbetreuung leisten kann oder findet, „da Frauen immer noch stärker vom Gender Pay Gap betroffen sind“. Dadurch entstehe eine Abhängigkeit von ihrem Partner, heißt es in der Eingabe. „Dem Ziel der Koalition, für ,gleichberechtigte Familien' läuft die Streichung also komplett entgegen“, heißt es in der Petition, die innerhalb der Vier-Wochen-Frist 53.980-mal mitgezeichnet wurde.

Die Aussage, dass nur vier Prozent der Bezugsberechtigten, also 60.000 Paare betroffen seien, wollte Pausder so nicht stehen lassen. Das marginalisiere diese Gruppe unnötig. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln habe von 435.000 Paaren gesprochen, sagte sie. Angesichts von Inflation und steigenden Löhnen gebe es immer mehr Menschen, die über diese Schwelle gehen würden. Diese Gruppe glaube an das Aufstiegsversprechen und zahle den Spitzensteuersatz. „Das ist die einzige Stelle, an der sie sich auf den Staat verlassen.“ Daher müsse es auch innerhalb des Familienhaushalts bessere Sparvorschläge geben.

 

Ministerium will nicht bei Leistungen für Geringverdienende sparen

Aus Sicht von Staatssekretär Lehmann ist das geforderte Einsparvolumen anderweitig aber nicht zu erreichen. 90 Prozent des Familienetats seien in den drei gesetzlichen Leistungen Elterngeld, Unterhaltsvorschuss und Kinderzuschlag gebunden. Die Entscheidung, beim Unterhaltsvorschuss nicht zu kürzen, sei gefallen, weil dies Alleinerziehende träfe, die in überdurchschnittlichem Maße von Armut bedroht seien. Der Kinderzuschlag sei wiederum eine Leistung, die verhindern solle, dass Familien mit kleinen Einkommen in den Sozialleistungsbezug fallen. Bei diesen „sehr wichtigen sozialpolitischen Leistungen“ habe man sich entschieden, nicht einzusparen, erläuterte er. Beim Elterngeld hätte wiederum eine Neuaufteilung der Partnermonate das angeordnete Einsparvolumen nicht erbracht. Daher habe sich das Ministerium für diesen Weg entschieden.

Der Regierungsvertreter ging auch auf die kritisierte Stichtagsregelung zum 1.1.2024 ein. Dieser Stichtag sei nötig, um aus Sicht des Ministeriums die Einsparvorgaben zu erreichen. Eine Frist zu setzen, sei vom Bundesverfassungsgericht auch ausdrücklich als legitim erachtet worden. Ob eine solche Stichtagsregelung politisch gewollt ist oder nicht, müsse aber das Parlament entscheiden, sagte Lehmann.

Quelle: Hib (heute im bundestag) Nr. 723 vom 9.10.2023

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