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Gesundheitsausschuss befasst sich mit Expertenstreit über Pflegedetails

Heute im Bundestag Nr. 275 vom 27.04.2017

Der Gesundheitsausschuss des Bundestages hat sich in einer Expertenanhörung mit einem Gesetzentwurf (18/11488) der Bundesregierung zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen befasst. Die im Grundsatz unstrittige Vorlage beinhaltet neben dem eigentlichen Thema noch diverse sachfremde Regelungen. Diese wurden in 21 Änderungsanträgen der Regierungsfraktionen eingebracht und sollen im "Omnibusverfahren" mit verabschiedet werden. Aus den schriftlichen Stellungnahmen der Experten geht jedoch hervor, dass Detailregelungen, etwa aus dem Bereich der Pflege, teilweise umstritten sind.

Umstrittene Regelungen in der Pflege

Zu den umstrittenen Punkten im Bereich der Pflegeversorgung gehören

  • die über Änderungsanträge eingebrachten "Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Weiterentwicklung der Pflegequalität",
  • die Kompetenzen des Qualitätsausschusses,
  • die Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen,
  • die Vergütungskürzung bei Personalunterdeckung in stationärer Pflege sowie
  • die Modellvorhaben.

Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) spricht sogar von einer nicht nachzuvollziehenden "permanenten und nachhaltigen Diskreditierung der Branche". Mit der Einführung des Qualitätsausschusses würden die Beteiligungs- und Eingriffsrechte sowie Genehmigungsvorbehalte und Kontrollfunktionen der zuständigen Ministerien gegenüber der Selbstverwaltung erheblich ausgebaut. Hier dränge sich fälschlicherweise der Eindruck auf, die Selbstverwaltung würde ihren gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht. Ebenso sei die Regelung zur Vergütungskürzung "unnötig, unbegründet und unverhältnismäßig". Es bestehe weder eine Regelungslücke noch ein Kontrolldefizit. Dem Verband lägen zudem keine Hinweise auf eine strukturelle Unterbesetzung in den Pflegeeinrichtungen vor.

Verringerung der Bürokratie in der Praxis

Sozialverbände und der Deutsche Pflegerat begrüßten hingegen die geplanten Veränderungen, weil sie in der Praxis Vorteile brächten. So erklärte u.a. der Caritasverband, dass es richtig sei, dem Qualitätsausschuss die Entscheidungen etwa zu Auftragsvergaben zu übertragen. Die jetzigen Regelungen führen dazu, dass die Vertragsparteien und der Qualitätsausschuss inhaltsgleiche Abstimmungsprozesse zu durchlaufen hätten, was unnötige Bürokratie verursache. Die jetzt geplante Regelung wird jedoch auch nicht als ausreichend zur Vermeidung von Doppelstrukturen angesehen.

Sanktionen bei Personalunterdeckung

Mit der geplanten Vergütungskürzung werde Bezug genommen auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. September 2012. Diese besagt, dass auch solche Sanktionen unabhängig von Qualitätsmängeln erlaubt sind, wenn die Pflegeeinrichtung die vereinbarte Personalmenge vorsätzlich über längere Zeit erheblich unterschritten hat. Nach Ansicht der Caritas ist es "absolut sachgerecht, vorsätzliches Handeln, das eine Schädigung von Personen bewusst ins Kalkül zieht, scharf zu sanktionieren." Der Verbraucherzentrale Bundesverband monierte, die Neuregelung lasse Fragen offen und laufe ins Leere, solange es keine verbindliche Berechnungsmethode für den Personalbereich gebe.

Finanzierung der HIV- Stiftung allein durch den Bund

Mit dem Gesetz soll auch die Finanzierung der Stiftung "Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" neu geregelt werden, mit dem Ziel einer langfristig vom Bund garantierten Hilfe. So soll der Bund ab 2019 die Finanzierung der HIV-Stiftung allein übernehmen. Bislang werden die Stiftungsgelder vom Bund, den Ländern, mehreren Pharmafirmen und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) aufgebracht. Die Betroffenen sollen lebenslang von der Zuwendung profitieren, die künftig regelmäßig an die höheren Kosten angepasst werden soll (Dynamisierung). Der Bund will dazu bis zu zehn Millionen Euro jährlich zur Verfügung stellen. In den 1980er Jahren waren nach Angaben der Deutschen AIDS-Hilfe in Deutschland rund 1.500 Menschen durch verseuchte Blutprodukte mit HIV infiziert worden. Mehr als 500 der Betroffenen leben noch und sind auf Unterstützung angewiesen.

Ziele der Neuregelungen

Mit den sachbezogenen Neuregelungen will die Bundesregierung u.a.

  • die Versorgung mit Blut- und Gewebezubereitungen sowie
  • Arzneimitteln für neuartige Therapien verbessern.
  • Anpassung bestimmter Vorschriften an wissenschaftliche und technische Entwicklungen
  • Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, damit spezielle Arzneimittel für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products /ATMP) wie Gen- oder Zelltherapeutika schneller verfügbar sind.

Quelle: Aktuelle Meldungen des Bundestags (hib), Nr. 275/2017

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