BMJV macht Vorschlag zur Umsetzung der Verfassungsgerichtsentscheidung
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat am 4.7.2025 einen Gesetzentwurf zur Reform des Vaterschaftsanfechtungsrechts veröffentlicht. Ziel ist die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 9.4.2024, das die bisherige Rechtslage in bestimmten Konstellationen für verfassungswidrig erklärt hatte. Die Reform soll vor allem die Grundrechte leiblicher Väter stärken und gleichzeitig die Belange des Kindeswohls sowie die rechtlichen Familienverhältnisse wahren.
Bundesjustizministerin Dr. Stefanie Hubig betonte, dass es sich beim Abstammungsrecht um eine besonders sensible Materie handle. Der Gesetzentwurf strebe daher eine ausgewogene Lösung an, die dem Interesse leiblicher Väter an rechtlicher Anerkennung ebenso gerecht wird wie dem Schutz bestehender sozial-familiärer Bindungen.
Neue Anfechtungsfristen und abgestufte Prüfung
Künftig soll es für leibliche Väter einfacher sein, die Vaterschaft eines anderen Mannes anzufechten – insbesondere dann, wenn die Anfechtung innerhalb der ersten sechs Lebensmonate des Kindes erfolgt. In diesem Fall soll ein bestehendes sozial-familiäres Verhältnis zwischen Kind und rechtlichem Vater der Anfechtung nicht mehr entgegenstehen.
Erklärt der leibliche Vater die Anfechtung der Vaterschaft für ein minderjähriges Kind später als sechs Monate nach dessen Geburt, so soll die Anfechtung weiterhin grundsätzlich ausgeschlossen sein, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung besteht. Ausnahmen sind jedoch vorgesehen: Etwa wenn auch zum leiblichen Vater ein sozial-familiäres Verhältnis bestand oder dieser sich nachweislich um eine Beziehung bemüht hat. Bei volljährigen Kindern soll künftig deren Widerspruch entscheidend sein. Außerdem wird eine „zweite Chance“ zur Anfechtung eingeräumt, wenn das Kind die Bindung zum rechtlichen Vater verloren hat.
"Wettlauf um die Vaterschaft" soll verhindert werden
Ein Kernpunkt des Entwurfs ist die Einführung einer „Anerkennungssperre“: Während eines laufenden Vaterschaftsfeststellungsverfahrens soll keine anderweitige Vaterschaftsanerkennung möglich sein – es sei denn, der Anerkennende weist seine leibliche Vaterschaft nach. Damit soll ein „Wettlauf um die Vaterschaft“ verhindert werden.
Neu ist auch, dass der leibliche Vater die Vaterschaft mit Zustimmung von Mutter, rechtlichem Vater und Kind anerkennen kann – ohne gerichtliche Anfechtung. Umgekehrt wird eine Anfechtung durch den rechtlichen Vater ausgeschlossen, wenn er bei Anerkennung wusste, dass er nicht der leibliche Vater ist. Für Jugendliche ab 14 Jahren ist künftig die Zustimmung zur Anerkennung erforderlich.
Gesetzgebungsverfahren läuft – Beteiligung bis Mitte August
Der Gesetzentwurf wurde am 4.7.2025 an Länder und Verbände versandt. Stellungnahmen können bis zum 15.8.2025 eingereicht werden. Der Entwurf reagiert auf den klaren Handlungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts, das dem Gesetzgeber bis zum 30.3.2026 Zeit für eine Neuregelung gegeben hatte. Weitere umfassende Reformen des Abstammungsrechts, wie sie die Ampel geplant hatte, stehen derzeit nicht auf der Agenda der Bundesregierung.