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Schutz der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität Minderjähriger

- Gesetzgebung

Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit veröffentlicht

Das Bundesministerium für Gesundheit hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Behandlungen zur Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität (Sexuelle-Orientierung-und-geschlechtliche-Identität-Schutz-Gesetz – SO-GISchutzG) veröffentlicht. Dieser bündelt neue Rechtsvorschriften, die sich gegen Konversionstherapien wenden. Er beinhaltet insbesondere neue Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten. Der Entwurf sieht unter anderem Folgendes vor:

  • das Verbot von Behandlungen zur Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität,
  • das Verbot der Bewerbung, des Anbietens und Vermittelns solcher Behandlungen,
  • ein Beratungsangebot an jedwede betroffene Person und deren Angehörige sowie an beruflich oder privat mit dem Thema befasste Personen,
  • Strafen beziehungsweise Bußgelder bei Verstoß gegen die Verbote.

Die Behandlung von medizinisch anerkannten Störungen der Sexualpräferenz sowie die Behandlung von Störungen der Geschlechtsidentität werden von dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausdrücklich ausgenommen. Das Behandlungsverbot soll für nicht einwilligungsfähige Erwachsene sowie für Minderjährige gelten, nicht jedoch nach Vollendung des 16. Lebensjahres, wenn der Minderjährige über die erforderliche Einsichtsfähigkeit in die Bedeutung und Tragweite der Entscheidung verfügt. Bei Erziehungs- und Fürsorgeberechtigten ist die Strafbarkeit begrenzt auf Fälle der gröblichen Verletzung der Fürsorgepflicht.

 

Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität bedürfen keiner Behandlung

In der Begründung des Gesetzesvorhabens heißt es, dass in Deutschland nach wie vor Maßnahmen durchgeführt würden, die auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität von Personen gerichtet sind (sogenannte Konversionstherapien). Weder bei nicht heterosexuellen Formen der Sexualität noch bei der Trans- oder Intersexualität als solcher handele es sich aber um eine Krankheit. Daher bedürften sie auch keiner medizinischen Behandlung.

Gleichwohl kommt es immer wieder zu Versuchen von Angehörigen des Gesundheitssystems sowie sonstiger Personenkreise, durch (vermeintlich) medizinisch, weltanschaulich oder religiös motivierte Maßnahmen eine Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität von Personen herbeizuführen. Bei den Zielgruppen handelt es sich sowohl um Minderjährige als auch um Erwachsene. Ein wissenschaftlich valider Nachweis für die behauptete Wirkung oder den therapeutischen Nutzen derartiger „Therapien“ existiert nicht. Wissenschaftlich nachgewiesen sind dagegen negative und schädliche Effekte solcher Behandlungen auf behandelte Personen wie auch auf Dritte durch Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte in Form von Minderheitenstress.

Vor dem Hintergrund eines menschenrechtlich und grundgesetzlich begründeten Schutzauftrages des Staates bestehe ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Es müssten neue Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten geschaffen werden, die das spezifische Unrecht sogenannter Konversionstherapien erfassen. Mit gesetzgeberischen Maßnahmen solle darüber hinaus die erforderliche Aufklärungsarbeit unterstützt werden, um die Rechte und Interessen der betroffenen Menschen zu stärken und deren gesellschaftliche Diskriminierung zu bekämpfen.

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