Beschlüsse zum Familienrecht
Unter dem Vorsitz des Landes Bayern fand am 1. und 2.6.2021 die Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister statt. Dabei kam es auch zur Abstimmung über für Familienrechtler interessante Beschlüsse. Diese haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter, von ihnen können aber maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland und Europa ausgehen.
Im Folgenden finden Sie jeweils eine kurze Zusammenfassung der relevanten TOPe sowie den Link zum Volltext des jeweiligen Beschlusses und weiterführende Lesehinweise.
Binationale Eheschließungen
Unter welchen Voraussetzungen können in Deutschland Paare heiraten, wenn mindestens eine bzw. einer der Verlobten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit innehat? Damit hat sich die JuMiKo befasst. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten den Justizminister zu prüfen, ob die Begründung der Ehe auch bei binationalen Paaren unterschiedlichen Geschlechts den Vorschriften des registerführenden Staats unterworfen und die Pflicht zur Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses aufgehoben werden sollte.
Beschluss zu TOP I.1: Binationale Eheschließungen erleichtern
Zum Weiterlesen: "Recht am Eheschließungsort als generelles Eheschließungsstatut?" von Rolf Wagner in FamRZ 2022, 245 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}
Zentrales Testamentsregister und Nachlassverfahrensrecht
Das von der Bundesnotarkammer im staatlichen Auftrag geführte Zentrale Testamentsregister (ZTR) feiert im Jahr 2022 sein 10-jähriges Bestehen. Die sich aus dem modernen Benachrichtigungssystem ergebenden Effizienzvorteile sollten auch im Nachlassverfahrensrecht optimal genutzt werden, so die JuMiKo. Bereits bei Einführung des ZTR wurde es als erforderlich angesehen zu prüfen, ob der Sicherungsmechanismus der sogenannten Fortlebensermittlung nach § 351 des FamFG nach Erreichen des Vollbetriebs des ZTR noch angemessen ist oder gegebenenfalls angepasst werden sollte. Diese Prüfung solle nunmehr durchgeführt werden.
Beschluss zu TOP I.3: 10-jähriges Bestehen des Zentralen Testamentsregisters – Effizienzvorteile des modernen Benachrichtigungswesens auch im Nachlassverfahrensrecht optimal ausnutzen
Vorsorgedokumente im Zentralen Vorsorgeregister
Mit dem Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (ZVR) beschäftigte sich die JuMiKo unter TOP 1.7: Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder bitten den Bundesminister der Justiz, zur Stärkung der privaten Vorsorgeinstrumente
- die elektronische Erfassung von Vorsorgedokumenten rechtlich und gemeinsam mit der Bundesnotarkammer und der Landesjustizverwaltung Nordrhein-Westfalen technisch im ZVR zu ermöglichen.
- zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Inhalt des ZVR einen Rechtsschein erzeugen soll, auf den sich der Rechtsverkehr verlassen kann.
Beschluss zu TOP I.7: Elektronische Erfassung von Vorsorgedokumenten im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer
Betreuungsrecht: Durchführung ärztlicher Zwangsmaßnahmen
Die Justizministerinnen und Justizminister sind der Auffassung, dass es einer Überarbeitung der Regelungen für die Durchführung ärztlicher Zwangsmaßnahmen im Betreuungsrecht bedarf. Sie bitten den Bundesminister der Justiz, im Rahmen der anstehenden Evaluierung der Bestimmungen zur Durchführung ärztlicher Zwangsmaßnahmen mehrere Prüfbitten (s. Beschluss) einzubeziehen und ggf. entsprechende gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen.
Beschluss zu TOP I.8: Überarbeitung des Schutzkonzepts bei der Durchführung ärztlicher Zwangsmaßnahmen im Betreuungsrecht
Einwilligungsbefugnis Minderjähriger in Bezug auf ärztliche Behandlungen
Im Zusammenhang mit den Bericht der Arbeitsgruppe „Einwilligungsbefugnis Minderjähriger in Bezug auf ärztliche Behandlungen“ unterstreicht die JuMiKo - neben den arzthaftungsrechtlichen und den vertragsrechtlichen Aspekten - die Bedeutung der sorgerechtlichen Fragestellungen in diesem Themenkreis, die der Bericht eingehend betrachtet hat. Ausgehend von den Ergebnissen der Arbeitsgruppe sind die Justizministerinnen und Justizminister der Auffassung, dass jedenfalls derzeit von der Schaffung neuer Regelungen zur Frage der Einwilligungsbefugnis Minderjähriger in Bezug auf ärztliche Behandlungen abgesehen werden sollte.
Beschluss zu TOP I.10: Bericht der Arbeitsgruppe „Einwilligungsbefugnis Minderjähriger in Bezug auf ärztliche Behandlungen“
Zum Weiterlesen: "Operative Eingriffe an intergeschlechtlichen oder transgeschlechtlichen Kindern" von Wolfram Henn und Dagmar Coester-Waltjen in FamRZ 2020, 481 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}
Reform des Namensrechts
Auch die Justizministerinnen und Justizminister sehen dringenden Reformbedarf im Namensrecht. Sie bitten den Bundesminister der Justiz bei der Umsetzung des noch in dieser Legislaturperiode vorgesehenen Gesetzgebungsvorhabens zur Modernisierung des Namensrechts, die Länder rechtzeitig und umfassend zu beteiligen.
Beschluss zu TOP I.12: Gestaltungsfreiheit stärken – Für ein modernes Namensrecht
Zum Weiterlesen: "Notwendigkeit einer Reform des (Familien-)Namensrechts?" von Saskia Lettmaier in FamRZ 2020, 1 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}
Zum Weiterhören: FamRZ-Podcast familiensachen: Folge 2 Namensrecht
Sexueller Missbrauch von Kindern
Die Justizministerinnen und Justizminister halten es für erwägenswert, eine Ausweitung des Strafrechts für die Fälle in den Blick zu nehmen, in denen schutz- und aufsichtspflichtige Personen eine fremde Missbrauchstat durch grobes Fehlverhalten fördern.
Beschluss zu TOP II.11: Sexueller Missbrauch von Kindern – Umgang mit mittelbar Verantwortlichen
Gewalt gegen Mädchen und Frauen
Die JuMiKo bittet mit ihrem Beschluss den Bundesminister der Justiz, die Empfehlungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses „Gewalt gegen Mädchen und Frauen wirksam begegnen“ unter Einbindung der Landesjustizverwaltungen zu prüfen und über das Ergebnis dieser Prüfung auf ihrer Frühjahrskonferenz 2023 zu berichten.
Beschluss zu TOP II.21: Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe des Strafrechtsausschusses „Gewalt gegen Mädchen und Frauen wirksam begegnen“
Zum Weiterhören: FamRZ-Podcast familiensachen: Folge 3 Istanbul-Konvention