Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Experten-Kritik an der Kindergrundsicherung

Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 13.11.2023

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung einer Kindergrundsicherung stößt bei Experten auf deutliche Kritik. In einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 13.11.2023 begrüßten die geladenen Sachverständigen zwar einhellig die Grundidee, familienpolitische Leistungen zusammenzuführen und dadurch leichter zugänglich zu machen. Die Vorlage der Regierung würde aber dazu führen, dass Familien gerade nicht Leistungen aus einer Hand bekämen, wie es eigentlich das Ziel des Gesetzes sei. Ein erheblicher Teil der Diskussion drehte sich um die Ausgestaltung des neuen „Familienservice“, dessen Aufbau nach Ansicht der Experten die Verwaltungskosten in die Höhe treiben und das System unnötig verkomplizieren würde.

 

BA braucht mehr Zeit für Umsetzung

Für die Bundesagentur für Arbeit (BA) betonte Vanessa Ahuja, dass die BA geübt darin sei, komplexe Gesetze umzusetzen. „Aber wir brauchen mehr Zeit“. Es müsse die IT angepasst, Personal akquiriert und qualifiziert und ein Schnittstellenmanagement aufgebaut werden, um Familien unnötige Weg zu ersparen. „Das ist für die BA zum 1.1.2025 nicht realisierbar“, sagte sie. Einige andere Sachverständige mahnten, die vorhandenen Unterstützungsstrukturen nicht zu zerschlagen, die sich in den rund 1.000 Jobcentern für Familien im Bürgergeld-Bezug etabliert haben.

Kinderarmut ergibt sich aus Elternarmut, deshalb muss man die ganze Familie in den Blick nehmen,

sagte Diana Stolz, Vorsitzende der Betriebskommission des Kommunalen Jobcenters Neue Wege Kreis Bergstraße. Deshalb sollten nicht die Kinder vom Familienservice und die Eltern durch das Jobcenter betreut werden. Marc Elxnat, Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, stellte fest, der anfänglichen Euphorie über das Projekt Kindergrundsicherung sei nun Ernüchterung gewichen. „Es werden unnötige Parallelstrukturen geschaffen“, so Elxnat. Ähnlich äußerten sich die anderen Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.

 

Kindergrundsicherung muss mehr sein als Verwaltungsreform

Kritik gab es mehrfach auch daran, dass der Gesetzentwurf bisher keine Anhebung des soziokulturellen Existenzminimums für Kinder vorsieht. Dies bezeichneten vor allem die Vertreter von Wohlfahrtsverbänden als enttäuschend. Andreas Aust vom Paritätischen Gesamtverband betonte, eine Kindergrundsicherung müsse deutlich mehr sein als eine Verwaltungsreform. Er sagte:

Um Armut zu bekämpfen, brauchen Familien schlicht und einfach mehr Geld.

Für einen Großteil der armen Kinder würden sich die Leistungen aber nicht ändern, sagte er. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverband VdK Deutschland, bekräftigte, dass die Bündelung von Leistungen ein ganz wichtiges Ziel der Kindergrundsicherung sei, denn das jetzige System funktioniere nicht so, wie es Kinder und Jugendliche eigentlich bräuchten. Sie appellierte an die Abgeordneten, in den Beratungen dafür zu sorgen, dass die Ungleichbehandlung von Familien mit viel Geld und jenen mit wenig Geld abgeschafft wird.

Bernd Siggelkow, Vorstand der Kinderstiftung „Arche“, verwies darauf, dass es armen Kindern nicht nur an Geld mangele, sondern auch an Ressourcen, auf die sie zurückgreifen können, unter anderem auf ein ganz anders aufgestelltes Bildungssystem. Auch müsse sichergestellt werden, dass die Leistungen bei den Kindern direkt ankommen, lautete sein Appell an die Abgeordneten.

Quelle: Heute im Bundestag (hib) Nr. 848/2023 v. 13.11.2023

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