Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Digitaler Zivilprozess: Reallabor für die Justiz kommt

BMJ veröffentlicht Referentenentwurf

Das Bundesministerium der Justiz hat heute den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit veröffentlicht. Damit soll vom Bund zum ersten Mal ein Reallabor für die Justiz geschaffen werden. Mit dem Entwurf wird die gerichtliche Durchsetzung von Kleinforderungen in bürgerfreundlichen digitalen Verfahren erleichtert. Damit wird eine weitere Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Zudem wird der Digitalstrategie der Bundesregierung Rechnung getragen. Mehr über die Digitalisierung der Ziviljustiz erfahren Sie im FamRZ-Podcast familiensachen, Folge 10.

 

Prozessrecht wird für eine Erprobungsgesetzgebung geöffnet

Mit dem vom Entwurf genutzten Instrument des sogenannten Reallabors werden Testräume geschaffen, um innovative Technologien zeitlich befristet und unter realen Bedingungen zu erproben, um Erkenntnisse für eine dauerhafte Regulierung zu gewinnen. Dafür wird die ZPO um ein weiteres Buch ergänzt. Mit dem dann 12. Buch der ZPO wird das Prozessrecht generell für eine Erprobungsgesetzgebung geöffnet und kann durch weitere Experimentierklauseln und Reallabore ergänzt werden.

Die Erprobung des Online-Verfahrens ist auf einen Zeitraum von zehn Jahren angelegt. Um das Online-Verfahren weiterzuentwickeln, ist nach vier sowie nach acht Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung vorgesehen.

 

Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs

  • Rechtsuchende sollen bei der Erstellung einer Klage durch Informationsangebote und Eingabe- und Abfragesysteme unterstützt werden (durch elektronischen Rechtsverkehr und beA).
  • Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten, die auf Zahlung einer Geldsumme (nach der aktuellen Streitwertgrenze bis 5.000 EUR) gerichtet sind, sollen erfasst werden.
  • Die allgemeinen Verfahrensregeln der ZPO sollen durch Erprobungsregelungen modifiziert und ergänzt werden, um eine verstärkte Nutzung digitaler Kommunikationstechnik zu ermöglichen
  • In sogenannten Massenverfahren (z.B. im Bereich der Fluggastrechte) sollen Eingabesysteme und technische Standards die Justiz dabei unterstützen, Dokumente und Akten zu strukturieren und ressourcenschonend zu bearbeiten.
  • Erleichterung der Urteilsverkündung und Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen.
  • Die rechtliche Grundlage für eine neue Form der Justizkommunikation zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten soll geschaffen werden. Anträge und Erklärungen können unmittelbar über eine Kommunikationsplattform abgegeben werden.
  • Das Online-Verfahren soll barrierefrei, nutzerfreundlich und bundeseinheitlich über ein Bund-Länder-Justizportal für Onlinedienstleistungen zugänglich sein.

 

Acht Länder und elf Pilotgerichte an der Produktentwicklung beteiligt

Das Gesetzgebungsvorhaben wird durch ein Digitalisierungsprojekt des Bundesministeriums der Justiz begleitet. Dabei übernimmt der Bund in Projektpartnerschaft mit interessierten Ländern und Gerichten eine koordinierende Rolle bei der Entwicklung und Erprobung eines zivilgerichtlichen Online-Verfahrens. Derzeit sind acht Länder und elf Pilotgerichte an der Produktentwicklung beteiligt.

Der Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 12.7.2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.

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