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BAföG-Reform: Experten finden Bedarfssätze zu niedrig

- Gesetzgebung

Öffentliche Anhörung im Bildungsausschuss am 18.5.2022

Am Mittwoch, den 18.5.2022, fand eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur geplanten BAföG-Reform statt. Gehört wurden:

  • Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes
  • Franca Bauernfeind, Bundesvorsitzende des Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS)
  • Sonja Bolenius, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
  • Lone Grotheer, Vertreterin des „freien zusammenschlusses von studentinnenschaften“
  • Ulrich Müller, Leiter Politische Analysen im Centrum für Hochschulentwicklung (CHE)
  • Isabel Rohner, Referatsleiterin Bildung bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BdA)
  • Ulrike Tippe, Vizepräsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und Präsidentin der TH Wildau
  • Katja Urbatsch, Verein „arbeiterkind.de“

Die Sachverständigen waren sich einig, dass eine Reform ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung sei. Sie kritisierten aber einhellig, dass die geplanten Änderungen noch nicht weit genug gingen.

 

Bedarfsanpassung zu unambitioniert

Zentrales Thema war die Höhe der Bedarfssätze, die fast allen Sachverständigen zu niedrig bemessen sind. Für Lone Grotheer, Vertreterin des „freien zusammenschlusses von studentinnenschaften“, lautete die zentrale Frage: „Wer darf studieren, wer kann sein Recht auf Bildung durchsetzen?“ Sie forderte einen wesentlich höheren Anstieg der Leistungen, und zwar auf bis zu 1.500 Euro monatlich. Grotheer betonte, dass „Bildung generell vom Einkommen der Eltern unabhängig geregelt werden“ sollte und beklagte, dass die Zahl der Bafög-Empfänger kontinuierlich gesunken sei. BAföG sollte wieder das werden, was es am Anfang war: „Ein Instrument der Chancengleichheit“.

Sonja Bolenius merkte an, dass es beim Bafög nicht nur um Chancengleichheit gehe, sondern ebenso um die Freiheit der Berufswahl. Die Gewerkschaftsvertreterin bemängelte, dass bei der Bemessung der Regelsätze nicht zwischen Lebens-und Ausbildungskosten unterschieden werde und diese daher realitätsfern, weil „unscharf“ sei. Zudem plädierte die Gewerkschaftsvertreterin für den Einstieg in eine elternunabhängigere Förderung wie im Koalitionsvertrag angekündigt.

Auch Matthias Anbuhl kritisierte insbesondere die Höhe der Bedarfssätze und die Vermögensgrenze von 45.000 Euro. Franca Bauernfeind sagte, dass auch die Wohnungspauschale zu knapp angesetzt sei. Des Weiteren mahnte die studentische Vertreterin an, dass die Förderungsdauer nicht verlängert worden sei und eine „bürokratische Entschlackung“ des BAföG-Prozesses noch ausstehe. Dagegen begrüßte sie die geplante Anhebung der Freibeträge.

 

Förderung muss planbarer werden

Isabel Rohner hätte sich gewünscht, dass der Novelle eine Evaluierung vorangegangen wäre. Kritisch merkte die Arbeitgebervertreterin an, dass für eine Sozialleistung, wie sie die Ausbildungsförderung darstelle, die Anhebung des Vermögensfreibetrags „falsche Anreize“ setze. Sie machte sich dafür stark, die Freibetragsgrenze bei 15.000 Euro festzuschreiben. Ulrike Tippe bemerkte darüber hinaus, dass die Höhe der Bedarfssätze auch vor dem Hintergrund der Teuerungsrate ungenügend sei. Hier müsse die Entwicklung der Förderungsquote genau beobachtet werden.

Katja Urbatsch forderte, dass das BAföG „eine planbare und angemessene Förderung“ leisten müsse. Gerade an der Planbarkeit mangele es, da unter den Studierenden Unsicherheit herrsche über die Höhe der zu erwartenden Leistung. Die Berechnung der Bedarfssätze müsse deshalb transparent und nachvollziehbar sein. Kritisch fügte sie hinzu, dass bisher Bezugsberechtigte nach ihrem Erstantrag zu lange auf Geld warten müssten. Großes Thema sei auch die Verschuldungsangst vieler junger Manschen, die sie vom Studium abhalte.

Es gebe am vorliegenden Entwurf zwar „nichts zu meckern“, meinte dagegen Ulrich Müller. Er zweifelte allerdings, ob das BAföG-Modell überhaupt noch auf der Höhe der Zeit sei. Die Reform drohe zu einem „Museumsstück“ zu werden. Das BAföG sei nicht bloß zu reformieren. Nötig sei vielmehr, ein Nachfolgemodell zu entwerfen, das Bewährtes aufgreife, aber die Ausbildungsförderung „zeitgemäßer“ gestalte.

 

Quelle: Heute im Bundestag (hib) Nr. 250/2022 v. 18.5.2022

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