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Ausbau von Videoverhandlungen an den Zivilgerichten

- Gesetzgebung

BMJ legt Gesetzentwurf vor

Das BMJ hat heute den Referentenentwurf für ein Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten veröffentlicht. Damit werden Änderungsvorschläge aus der Justizpraxis aufgegriffen, zusammengeführt und weiterentwickelt. Ziel des Entwurfs ist es, die bestehenden Regelungen flexibler und praxistauglicher zu gestalten. Dadurch soll der Einsatz von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit sowie den Fachgerichtsbarkeiten weiter gefördert werden. Videoverhandlungen und Videobeweisaufnahmen ermöglichen eine schnellere und kostengünstige Verfahrensführung. Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:

Videokonferenzen sollen […] ein selbstverständlicher Teil des Gerichtsalltags werden. Ihren Einsatz heben wir mit unserem Entwurf auf eine neue Stufe. Wer nicht mehr von Hamburg nach München zu einer Gerichtsverhandlung fahren muss, spart Zeit und Ressourcen. Termine lassen sich leichter vereinbaren, denn die Beteiligten können eine Verhandlung oder Beweisaufnahme per Video viel einfacher in ihren Alltag einfügen. So bekommen die Parteien auch schneller gerichtliche Entscheidungen.

 

Neuerungen im Entwurf

Ausbau von Videoverhandlungen

Die zentrale Norm für Videoverhandlungen – § 128a der Zivilprozessordnung (ZPO) – wird insgesamt neu gefasst: Das Gericht soll eine Videoverhandlung nicht mehr nur gestatten, sondern gegenüber den Verfahrensbeteiligten anordnen können. Die Anordnung erfolgt durch die oder den Vorsitzenden. Die Verfahrensbeteiligten können innerhalb einer zu bestimmenden Frist beantragen, von dieser Anordnung ausgenommen zu werden.

Auch bei übereinstimmenden Anträgen der Parteien auf Durchführung einer Videoverhandlung soll diese in der Regel angeordnet werden. Lehnt das Gericht einen Antrag auf Videoverhandlung ab, ist diese Entscheidung zu begründen und mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Vollvirtuelle Verhandlungen, bei der sich auch das Gericht nicht im Sitzungssaal aufhält, sollen ebenfalls ermöglicht werden.

 

Videoeinsatz bei der Beweisaufnahme

Die Regelungen zur Videobeweisaufnahme (§ 284 ZPO-E) sollen erweitert werden. Künftig soll auch eine Inaugenscheinnahme per Video möglich sein. Zudem soll auch die Videobeweisaufnahme durch das Gericht angeordnet werden können.

 

Videoverhandlungen werden kostengünstiger

Die bisher für die Nutzung von Videokonferenztechnik nach den Gerichtskostengesetzen zu erhebende Auslagenpauschale soll entfallen.

 

Moderne Dokumentationsmöglichkeiten

Die Regelungen zur vorläufigen Protokollaufzeichnung (§ 160a ZPO-E) sollen dahingehend erweitert werden, dass neben der bereits zulässigen Tonaufzeichnung eine Bild-Ton-Aufzeichnung der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme zulässig ist. In bestimmten Verfahren sollen die Parteien eine Audio- oder audiovisuelle Dokumentation der Aussagen von Beweispersonen beantragen können.

 

Zeitgemäßer Zugang zur Justiz

Anträge und Erklärungen zum Protokoll der Geschäftsstelle sollen zukünftig per Video gegenüber der Geschäftsstelle abgegeben werden können (§ 129a ZPO-E). Dies betrifft beispielsweise die Beantragung von Prozesskosten- oder Beratungshilfe sowie die Erhebung einer Klage beim Amtsgericht.

Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft soll um die Möglichkeit erweitert werden, diese per Video oder an einem anderen geeigneten Ort als in den Geschäftsräumen des Gerichtsvollziehers oder in der Wohnung des Schuldners abzunehmen (§ 802f ZPO-E).

 

Möglichkeit zur Stellungnahme

Die Neuregelungen kommen grundsätzlich auch in den Arbeitsgerichten, Verwaltungsgerichten und Finanzgerichten zur Anwendung (Anwendung über die allgemeinen Verweisungsnormen in § 46 I S. 1 ArbGG, § 173 S. 1 VwGO, § 155 S. 1 FGO). Um den Besonderheiten der Sozialgerichtsbarkeit Rechnung zu tragen, soll die eigenständige Regelung zu Videoverhandlungen in § 110a SGG beibehalten und nur zum Teil an die Neufassung des § 128a ZPO angepasst werden.

Der Entwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 13.1.2023 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.

Volltext: RefE Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 23.11.2022

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Gast ist Dennis Müller, Richter am OLG, der, abgeordnet an das Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz, das Referat "eJustice" leitete und Mitglied der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik in der Justiz war.

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