Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf
Das Bundeskabinett hat gestern den von dem Bundesminister der Justiz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Verbots der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch (§ 219a StGB) beschlossen. Damit soll die Strafvorschrift der Werbung für den Schwangerschaftsabbruch in § 219a StGB aufgehoben werden. So soll erreicht werden, dass sich betroffene Frauen besser informieren können. Ärztinnen und Ärzte sollen Frauen künftig unterstützen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen.
Irreführende oder abstoßende Werbung weiter verboten
Begleitende Änderungen des Heilmittelwerbegesetzes sollen gewährleisten, dass auch die Werbung für medizinisch nicht indizierte Schwangerschaftsabbrüche zukünftig nur unter den strengen Vorgaben des Heilmittelwerbegesetzes erlaubt ist. Irreführende oder abstoßende Werbung für alle Arten von Schwangerschaftsabbrüchen bleibt weiterhin verboten.
Durch eine neue Regelung im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch sollen strafgerichtliche Urteile wegen Werbung für den Schwangerschaftsabbruch, die nach dem 3.10.1990 ergangen sind, aufgehoben und die Verfahren eingestellt werden. Verurteilte Ärztinnen und Ärzte sollen von dem ihnen anhaftenden Strafmakel befreit werden, der sie mit Blick auf ihr Berufsethos besonders belastet.
Bisher kein ungehinderter Zugang zu fachlichen Informationen
Ärztinnen und Ärzte, die Schwangerschaftsabbrüche unter den Voraussetzungen des § 218a I - III StGB vornehmen, müssen bisher u. a. mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen, wenn sie sachliche Informationen über den Ablauf und die Methoden des Schwangerschaftsabbruchs öffentlich, etwa auf ihrer Homepage, bereitstellen. Sie sind auch gehindert, auf diese Weise bekannt zu geben, welche Methode des Schwangerschaftsabbruchs sie anbieten. Betroffenen Frauen wird hierdurch zum einen der ungehinderte Zugang zu sachgerechten fachlichen Informationen über den sie betreffenden medizinischen Eingriff und zum anderen das Auffinden einer geeigneten Ärztin oder eines geeigneten Arztes erschwert. Dies behindert den Zugang zu fachgerechter medizinischer Versorgung sowie die freie Arztwahl und verletzt das Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung der Frau.
Der gestern vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.
UPDATE 1.4.2022:
Die Union lehnt die von der Bundesregierung geplante Streichung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche ab. Stattdessen soll § 219a StGB so modifiziert werden, dass Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Einrichtungen „auf ihrer Internetseite wertungsfreie Angaben zu den von ihnen angewendeten Methoden zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches machen können“, heißt es in einem Antrag der Fraktion (BT-Drucks. 20/1017).
Der Deutsche Juristinnenbund e.V. reichte eine Stellungnahme zu § 219a StGB beim Bundesverfassungsgericht ein. Die Regelung des § 219a StGB sei verfassungswidrig, da sie Ärztinnen und Ärzte sowohl in ihrer Berufsfreiheit als auch in ihrer Meinungsfreiheit verletzt.