- Entscheidungen Leitsätze
EuGHMR, Urteil v. 15.4.2025 – Beschwerde Nr. 45644/18
- Die örtlichen Behörden sind nach der Wertung des Art. 8 EMRK bei einer von ihnen veranlassten Trennung des Kindes von seinen Eltern verpflichtet, geeignete Maßnahmen zur schnellstmöglichen Wiedervereinigung der Familie einzuleiten. Wird ein Kind vorübergehend in Pflege genommen, muss diese Maßnahme mit dem übergeordneten Ziel einer Rückführung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern im Einklang stehen.
- Ist seit der Inobhutnahme des Kindes allerdings eine beträchtliche Zeit verstrichen, kann sein Interesse an der Erhaltung der neu eingetretenen familiären Situation das Interesse der Eltern an einer Rückführung überwiegen.
- Wird eine gerichtliche Entscheidung über einen endgültigen Entzug der elterlichen Sorge bereits in einem sehr frühen Stadium nach der Inobhutnahme getroffen und liegt dieser lediglich die Erwägung zu Grunde, dass der akzeptable Zeitraum für eine Rückführung des Kindes bereits verstrichen sei, liegt darin ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK. Dies gilt vor allem, wenn das Gericht weder eine hinreichende Beurteilung der Erziehungsfähigkeit des betroffenen Elternteils noch der besonderen Bedürfnisse des Kindes vorgenommen hat.
(Leitsätze des Bearbeiters)
Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird demnächst in der FamRZ veröffentlicht (Bearbeitung und Anm. Thomas Kischkel).