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Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines Abstammungsverfahrens

- Entscheidungen Leitsätze

EuGHMR, Entscheidung v. 30.5.2023 – Individualbeschwerde Nr. 58994/16

  1. Der deutsche Gesetzgeber ist nicht dazu verpflichtet, neben dem Verfahren zur Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB ein zusätzliches Verfahren zur Klärung der Abstammung eines Kindes vom mutmaßlichen leiblichen Vater ohne Begründung einer rechtlichen Beziehung vorzusehen.
  2. Stehen seit einem rechtskräftig abgeschlossenen Vaterschaftsfeststellungsverfahren (hier: aus dem Jahr 1955) neue Untersuchungsmethoden zur Feststellung der genetischen Abstammung zur Verfügung, ist es zur Wahrung der Rechte des Kindes nach Art. 8 I EMRK ausreichend, wenn die Möglichkeit der Wiederaufnahme des früheren Verfahrens besteht, indem die Glaubwürdigkeit des früheren (hier: anthropologisch-erbbiologischen) Gutachtens durch ein neues Gutachten angezweifelt wird.
  3. Die Glaubwürdigkeit des früheren Gutachtens kann dadurch erschüttert werden, dass Zweifel an der Qualifikation des Sachverständigen bestehen, der das anthropologisch-erbbiologische Gutachten im früheren Verfahren erstellt hat, die Methodik zur Feststellung der Abstammung schon damals nicht mehr zeitgemäß war oder diese Methodik sich zwischenzeitlich als unbrauchbar erwiesen hat.

(Leitsätze der Redaktion)

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