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VKH für Antrag auf gemeinsame Sorge

- Entscheidungen Leitsätze

Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 13.7.2020 – 1 BvR 631/19

1. Die gemeinsame elterliche Sorge kann nicht angeordnet werden, wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern vorliegt, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird und das Kind folglich erheblich belastet würde, würde man die Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen (vgl. BGH, FamRZ 2016, 1439, m. Anm. Lack     {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}).

2. Allein der Umstand, dass die Mutter dem Vater ihres anderen Kindes für Unterschriften „hinterherlaufen“ müsse, rechtfertigt nicht die Beibehaltung der alleinigen elterlichen Sorge für das Kind eines anderen Vaters.

3. Es existiert kein Erfahrungssatz dergestalt, dass ein bemittelter Prozessbeteiligter zunächst die gefundene Regelung im Umgangsverfahren in der Praxis umsetzen und hierbei eine Verbesserung des Verhältnisses auf der Elternebene abwarten würde, um dann einen Antrag auf gemeinsame Sorge zu stellen.

4. Einem Elternteil kann nicht deshalb eine mutwillige Antragstellung vorgeworfen werden, weil er nicht darüber hinaus das Jugendamt zur Vermittlung angerufen hat, wenn der andere Elternteil eine Vermittlung ausdrücklich abgelehnt hat.

5. Es existiert kein Erfahrungssatz, wonach ein bemittelter Verfahrensbeteiligter stets zur Regelung von Umgangsrecht und elterlicher Sorge ein gemeinsames Verfahren anhängig machen und nicht zwei getrennte Verfahren beantragen würde.

(Leitsätze der Redaktion)

Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird veröffentlicht in FamRZ 2020, Heft 19.

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