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Unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen eine Zwangsmedikation und eine Fixierung

- Entscheidungen Leitsätze

Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 1.8.2024 – 2 BvR 1458/23

  1. Die nicht nur kurzfristige Fixierung sämtlicher Gliedmaßen ist angesichts ihrer besonderen Eingriffsintensität auch im Rahmen eines bereits bestehenden Freiheitsentziehungsverhältnisses als eigenständige Freiheitsentziehung zu qualifizieren, die den Richtervorbehalt des Art. 104 II S. 1 GG abermals auslöst. Eine kurzfristige Maßnahme liegt in der Regel vor, wenn sie absehbar die Dauer von ungefähr einer halben Stunde unterschreitet.
  2. Die medizinische Behandlung einer Person gegen ihren natürlichen Willen greift in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 II S. 1 GG ein. Die Eingriffsqualität entfällt auch nicht bereits dann, wenn die betroffene Person der abgelehnten Behandlung keinen physischen Widerstand entgegensetzt oder krankheitsbedingt einsichtsunfähig ist.
  3. Der in der medizinischen Zwangsbehandlung einer untergebrachten Person mit Neuroleptika liegende Grundrechtseingriff wiegt besonders schwer. Die Verabreichung von Neuroleptika gegen den natürlichen Willen der betroffenen Person berührt daher, auch unabhängig davon, ob die Verabreichung mit körperlichem Zwang durchgesetzt wird, in besonderem Maße den Kern der Persönlichkeit.

(Leitsätze der Redaktion)

Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird veröffentlicht in FamRZ 2024, Heft 21.

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