Urteil des Brasilianischen Obersten Gerichtshof
Der Brasilianische Oberste Gerichtshof (Superior Tribunal de Justiça - STJ) hat die Auffassung bekräftigt, dass ein ausländisches Urteil, das die Höhe des Kindesunterhalts festlegt, auch dann vollstreckt werden muss, wenn der hohe wirtschaftliche und finanzielle Standard des Herkunftslandes zu einem überhöhten Betrag im Vergleich zu den nationalen Standards führt.
Entscheidung ignoriere sozioökonomische Realität des Unterhaltspflichtigen
Der Fall betrifft die Vollstreckung einer Entscheidung des Bezirksgerichts Bludenz in Österreich gegen einen in Brasilien wohnhaften Unterhaltspflichtigen in Brasilien. Das österreichische Gericht setzte den monatlichen Unterhaltsbetrag auf 290,00 EUR fest und ermittelte einen Rückstand von insgesamt 35.090,00 EUR.
Der Unterhaltspflichtige machte geltend, dass die Entscheidung nicht vollstreckt werden könne, da ein solcher Betrag in Bezug auf die wirtschaftliche Realität des Beklagten völlig unangemessen sei, und bezeichnete die ausländische Entscheidung als Verstoß gegen die Menschenwürde und die Grundprinzipien des brasilianischen Rechtssystems, da sie die sozioökonomische Realität Brasiliens und insbesondere des Beklagten ignoriere.
Gericht habe nur formale Anforderungen zu prüfen
Der Brasilianische Oberste Gerichtshof betonte jedoch, dass es sich bei der Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung um einen rein formalen Akt handelt, bei dem es nicht möglich ist, auf die Begründetheit des ursprünglichen Rechtsstreits einzugehen oder die Ungerechtigkeit der ausländischen Entscheidung zu untersuchen. Die Vollstreckung hat daher einzig und allein den Zweck, eine im Ausland ergangene Entscheidung in die brasilianische Rechtsordnung zu überführen, sofern die nach brasilianischem Recht erforderlichen Formerfordernisse erfüllt sind.
Damit nimmt die Vollstreckung dem Unterhaltspflichtigen nicht die Möglichkeit, eine Klage zur Überprüfung der Höhe des Kindesunterhalts einzureichen, da die wirtschaftlichen Gegebenheiten in Brasilien und in dem Land, in dem der Betrag festgesetzt wurde, angeblich unterschiedlich sind. Die Entscheidung erging in der Sache HDE n.º 4.289 (Sonderabteilung des STJ) und berücksichtigte die Anforderungen des brasilianischen Rechts für die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung.
Brasilianischer Rechtsrahmen für die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen
Die brasilianische Bundesverfassung legt fest, dass die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs (STJ) fällt. Das brasilianische Rechtsinstrument für die Anerkennung ausländischer Entscheidungen ist die Ação Especial de Homologação de Decisão Estrangeira (HDE). Die Voraussetzungen für die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung mittels HDE sind in Artikel 963 des Código de Processo Civil (CPC) und in den Artikeln 216-C und 216-D der Geschäftsordnung des STJ festgelegt. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass weder Brasilien noch Österreich das Übereinkommen vom 2.10.1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen ratifiziert haben.
In Artikel 216-D heißt es, dass die ausländische Entscheidung:
- von einer zuständigen Behörde erlassen worden sein muss,
- den Nachweis enthalten muss, dass die Parteien ordnungsgemäß vorgeladen wurden oder dass ein Versäumnisurteil rechtskräftig ergangen ist,
- in dem Land, in dem sie ergangen ist, wirksam oder rechtskräftig geworden sein muss.
Nach Artikel 216-F darf eine ausländische Entscheidung nicht vollstreckt werden, wenn sie gegen die nationale Souveränität, die Menschenwürde und/oder die öffentliche Ordnung verstößt.
Volltext der Entscheidung (Portugiesisch): HOMOLOGAÇÃO DE DECISÃO ESTRANGEIRA Nº 4.289 - EX (2020/0171831-5)
Quelle: Conflict of Laws.net