Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Rückführung eines Kindes in die Ukraine während Kriegshandlungen

- Entscheidungen Leitsätze

Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 23.4.2024 – 1 BvR 1595/23

  1. Zur Frage, ob es für die Rückführungsanordnung nach dem HKiEntÜ in einen kriegsbetroffenen Herkunftsstaat (hier: Ukraine) ausreicht, dass Teile dieses Staates nicht kriegsbetroffen sind.
  2. Die Begründung einer Rückführungsentscheidung muss sich mit dem durch das Kind, den Verfahrensbeistand und das Jugendamt vermittelten Kindeswillen befassen, wegen des Kriegsgeschehens und der Zerstörungen nicht in die Ukraine zurückkehren zu wollen.
  3. Den nach Art. 8 EMRK gebotenen Begründungsanforderungen entspricht es nicht, wenn sich die Begründung einer Rückführungsanordnung nur oberflächlich mit der Kriegssituation in der Ukraine befasst und die Darlegungs- und Beweislast dem zur Rückführung verpflichteten Elternteil zuweist.
  4. Eine Rückgabeverpflichtung nach dem HKiEntÜ ist bereits dann erfüllt, wenn der entführende Elternteil das Kind für einen Zeitraum in den Herkunftsstaat zurückgebracht hat, in dem der rückfordernde Elternteil eine den Verbleib sichernde Anordnung im Heimatstaat bewirken kann (hier: Rückkehr für mehr als drei Wochen).
  5. Der Rückführungsbeschluss ist dann erfüllt und verbraucht, auch wenn das Kind nach kurzer Zeit erneut aus dem Herkunftsstaat verbracht wird. Damit entfällt ohne gesonderte Begründung auch das Rechtsschutzbedürfnis für eine Verfassungsbeschwerde.

(Leitsätze der Redaktion)

 Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird veröffentlicht in FamRZ 2024, Heft 15, m. Anm. Joanna Guttzeit.

Zurück