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Persönliche Anhörung im Betreuungsverfahren

- Entscheidungen Leitsätze

Bundesgerichtshof, Beschluss v. 4.11.2020 – XII ZB 344/20

1. Ist im erstinstanzlichen Verfahren eine persönliche Anhörung des Betroffenen vollständig unterblieben, ist das Beschwerdegericht gemäß §§ 68 III S. 1, 278 I FamFG grundsätzlich verpflichtet, diese Verfahrenshandlung selbst vorzunehmen, wobei unerheblich ist, aus welchen Gründen das Amtsgericht von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen abgesehen hat.

2. Die Möglichkeit des Betreuungsgerichts, nach § 34 II FamFG von einer persönlichen Anhörung des Betroffenen abzusehen, wenn dieser offensichtlich nicht in der Lage ist, seinen Willen kundzutun, entbindet das Gericht nicht von der in § 278 I S. 2 FamFG enthaltenen Verpflichtung, sich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen zu verschaffen.

3. Die nach § 276 I S. 2 Nr. 1 FamFG erforderliche Bestellung eines Verfahrenspflegers dient der Sicherstellung des rechtlichen Gehörs für den Betroffenen. Die Verpflichtung des Gerichts nach § 278 I S. 2 FamFG, sich einen persönlichen Eindruck vom Betroffenen zu verschaffen, kann durch die Verfahrenspflegerbestellung nicht ersetzt werden.

Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird veröffentlicht in FamRZ 2021, Heft 3.

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