Sammelung von Rechtssprechungen in Bücher im Regal

Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

- Entscheidungen Leitsätze

Finanzgericht Münster, Urteil v. 19.5.2022 – 8 K 19/20 E

  1. Zu den Voraussetzungen eines der Einkommensteuer unterliegenden privaten Veräußerungsgeschäfts i.S. des § 23 I S. 1 Nr. 1 S. 1, 3 EStG, wenn der Steuerpflichtige seiner geschiedenen Ehefrau den von dieser im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung erworbenen Miteigentumsanteil zur Betreuung der gemeinsamen Kinder bis zu deren Volljährigkeit zur alleinigen Nutzung überlässt und der Erwerb sowie die spätere Veräußerung dieses Miteigentumsanteils (zusammen mit dem Miteigentumsanteil des Steuerpflichtigen) innerhalb der in § 23 I S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG bestimmten Zehn-Jahres-Frist erfolgt ist.
  2. Nach der Ausnahmevorschrift des § 23 I S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG sind von einem steuerbaren Veräußerungsgeschäft solche Wirtschaftsgüter ausgenommen, die im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
  3. Diese Vorschrift greift auch ein, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude zusammen mit einem Familienangehörigen oder einem Dritten bewohnt, dagegen nicht, wenn die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlassen wird, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen.
  4. Ferner liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur alleinigen Nutzung überlässt (im Anschluss an BFH v. 26.1.1994 – X R 94/91 -, BFHE 173, 345 = FamRZ 1994, 831 [LSe] {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}).
  5. Die Mitbenutzung des Wohngrundstücks durch einen die Kinder betreuenden Elternteil schließt jedoch die alleinige Nutzung durch Kinder aus. Denn ein aus der Unterhaltspflicht abgeleitetes Nutzungsrecht (§ 32 EStG) ist nicht auf andere Mitbewohner übertragbar oder erweiterbar. Es kann damit aus rechtlicher Sicht kein steuerlich unschädliches, abgeleitetes Nutzungsrecht bestehen.
  6. Gegen ein aus der Betreuung minderjähriger Kinder abgeleitetes unselbstständiges Nutzungsrecht spricht auch, wenn in einer Unterhaltsvereinbarung eine unmittelbar dem betreuenden Elternteil gewährte Unterhaltsleistung enthalten ist, der ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt und die von der Betreuung der Kinder nicht abhängig ist.

(Leitsätze der Redaktion)

Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird veröffentlicht in FamRZ 2023, Heft 2, m. Beitrag Helmut Borth.

Zurück