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Mit-Mütter als rechtliche Eltern

KG und OLG Celle legen dem BVerfG Verfahren zur Prüfung vor

Sowohl das Kammergericht Berlin als auch das Oberlandesgericht Celle haben dem Bundesverfassungsgericht Verfahren betreffend die Feststellung von „Mit-Müttern“ als rechtliche Eltern vorgelegt. Beide Gerichte führen aus, dass verfassungsrechtliche Zweifel an der Regelung in § 1592 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestehen.

Der Paragraph bestimmt, dass in einer verschiedengeschlechtlichen Ehe der Ehemann der Mutter automatisch kraft Gesetzes Vater des während der Ehe geborenen Kindes ist. Das in einer gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frauen geborene, im Wege einer Samenspende gezeugte Kind hat kraft Gesetzes nur einen rechtlichen Elternteil: die Mutter, die das Kind geboren hat. Die Ehefrau der Mutter hat dagegen keine Elternstellung, ist also nicht Mit-Mutter. Allenfalls im Wege einer Adoption kann sie nach geltendem Recht Mit-Mutter des Kindes werden.

 

Verletzung von Art. 3 und Art. 6 des Grundgesetzes?

Die jeweilige Sachlage in den nun dem BVerfG vorgelegten Verfahren ist vergleichbar: In dem einen Fall waren die Antragstellerinnen bereits verheiratet. Im anderen Fall erkannte die Partnerin, inzwischen ebenfalls Ehegattin der Mutter, vor der Geburt des Kindes in einer notariell beurkundeten Erklärung an, „Mit-Mutter“ zu sein. Sie bekräftigte dort, „dass sie unbedingt, uneingeschränkt und von Geburt an die Eltern-Verantwortung für das Kind (…) übernehmen“ wolle. In einem vergleichbaren Fall hat bereits der Bundesgerichtshof entschieden. Beide Gerichte stimmten mit der Auffassung des BGH überein, dass nach der derzeitigen Rechtslage die Ehefrau der Mutter nicht mit der Geburt des Kindes dessen Mit-Elternteil wird.

Im Gegensatz dazu geht das OLG Celle (Az.: 21 UF 146/20) aber davon aus, dass die fehlende gesetzliche Regelung einer „Mit-Mutterschaft“ die mit der Mutter verheiratete Antragstellerin in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Elternrecht aus Art. 6 II S. 1 GG verletzt. Das Kammergericht (Az.: 3 UF 1122/20) wiederum sieht die Grundrechte des Kindes und der Ehefrau aus Art. 3 I GG (Gleichheit vor dem Gesetz) verletzt. Einig sind sich die Gerichte, dass eine verfassungsrechtliche Handlungspflicht des Gesetzgebers bestehe. Die Elternstellung für solche „Mit-Eltern“ sei gesetzlich zu begründen und näher auszugestalten. Das OLG Celle wies zudem darauf hin, dass sich vergleichbare Fragen auch im Fall einer gleichgeschlechtlichen Ehe von zwei Männern stellen. Diese seien in dem vorliegenden Verfahren aber nicht zu bewerten.

Die vollständige Begründung des jeweiligen Gerichts lesen Sie in den dazu veröffentlichten Pressemitteilungen:

OLG Celle, Pressemitteilung vom 24.3.2021 „Verfassungsrechtliche Zweifel an fehlender Regelung der Elternstellung gleichgeschlechtlicher Partner“

KG, Pressemitteilung vom 25.3.2021 „Kammergericht legt dem Bundesverfassungsgericht ein Verfahren betreffend die Feststellung von ‚Mit-Müttern‘ als rechtliche Eltern wegen verfassungsrechtlicher Zweifel zur Prüfung vor“

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